Israel

Besuch im „Big Orange“

Zu den Highlights von Tel Aviv zählen die schönen Strände.

Israel: Das lebenslustige Tel Aviv und das historische Jaffa

Alt-Jaffa: Blick auf das Franziskanerkloster und die St.-Peter-Kirche. Fotos: ld

Als Tel Aviv noch nichts als Sand und Dünen war, beschloss eine kleine Gruppe Juden aus der arabischen Stadt Jaffa, ein Stück weiter nördlich eine jüdische Siedlung zu gründen. Neve Tzedek („Oase der Gerechtigkeit“) nannten sie die erste Gemeinde von Tel Aviv, 1887 auf Dünen gebaut, heute ein angesagtes Villenviertel mit schmalen Gassen, Cafés, Bars und schicken Läden.

„Als meine Eltern 1950 aus Rumänien einwanderten, sah es hier furchtbar aus“, sagt Karl Walter, ein großer kräftiger Mittdreißiger mit dichten dunklen Haaren, der in Neve Tzedek geboren und mit zwei Schwestern aufgewachsen ist. Sein Vater hatte als Jugendlicher ein KZ in der Ukraine überlebt. „Über uns wohnten die Silberbergs, zwei Liliputaner aus Polen, unter uns ein Paar aus Jemen, dort drüben die Familie Trachtengott.“ Er kennt noch die Namen all jener Familien, die nach der Gründung des Staates Israel 1948 aus Europa und den arabischen Ländern in die Straße seiner Kindheit kamen.

Unaufhörlich wuchs die neue Stadt, die 1909 offiziell eingeweiht worden war und den Namen Tel Aviv („Hügel des Frühlings“) erhielt. Mittlerweile leben 390.000 Menschen in Israels heimlicher Hauptstadt, in der gesamten Stadtregion mehr als drei Millionen – das ist gut ein Drittel der Gesamtbevölkerung des Landes. „Big Orange“ nennen die lebenslustigen Tel Avivniks ihre junge Metropole am Meer – in Anlehnung an den „Big Apple“ New York.

Ganz oben auf der Liste der Highlights stehen die puderweichen Sandstrände der Stadt und das warme Klima, so dass man das ganze Jahr im Mittelmeer baden kann. Sehr beliebt auch bei Nachtschwärmern, die in den Bars und Clubs von Tel Aviv bis zum Morgengrauen tanzen und bei Sonnenaufgang gern ein Bad im Meer nehmen.

„Mein Highlight ist der Carmel-Markt“, sagt Karl und biegt in die Allenby Street ein, die vom Strand geradewegs mitten in die Stadt zum Markt führt. „Stärkt euch erst mal mit einem Falafel“, empfiehlt Karl und schwärmt vom Pitta-Brot, gefüllt mit Kichererbsenmus, Sesampaste, Salat und würzigen Soßen. Um danach über den quicklebendigen Handwerkermarkt und durch das jemenitische Viertel zu bummeln.

Neuerdings kann man auf der Strandpromenade Richtung Süden bis nach Jaffa spazieren, in die Altstadt mit arabischem Flair und einer jahrtausendealten Historie, die laut Altem Testament nach der Sintflut mit Japhet, dem Sohn von ?Noah, begann. Nur ein paar Fischerboote dümpeln neben Anglern im einstigen Haupthafen Palästinas am Fuße des Akropolishügels. Auf einem Treppenweg zwischen hohem Gemäuer, gründlich restauriert, geht es hinauf nach Alt-Jaffa.

Oben belohnt eine weite Aussicht übers Meer und die Skyline von Tel Aviv. Karl geht voran auf der Wunschbrücke, die den Garten Hapisgah mit dem wieder aufgebauten Zentrum Kikar Kedunim von Alt-Jaffa verbindet, heute umringt von Restaurants, Clubs und Galerien. Schön ist der Blick von der Brücke auf das von Palmen umstandene Franziskanerkloster.

Bevor man sich wieder in die Betriebsamkeit von Tel Aviv stürzt, ist auf dem Rückweg unbedingt ein Abstecher zum berühmten Flohmarkt von Jaffa zu empfehlen. In vollgestopften Trödelläden wartet verstaubter Krimskrams aus hundert Jahren, aber vielleicht geht man mit einem alten Gemälde oder Grammophon glücklich von dannen.
Lottemi Doormann