Libanon

Gute Stimmung an der Corniche

Auf Beiruts Uferpromenade voller Läden und Cafés tummeln sich Spaziergänger und Jogger.

Trotz des Krieges in Syrien ist Beirut die Party-Hauptstadt des Nahen Ostens – auch zum westlichen Neujahr wird gefeiert

Manche Bar in Beirut – hier das Three Sixty – besticht mit ausgefallener Beleuchtung. Fotos: ds, Dietmar Burkhardt/pixelio, BB Promotion

Tief dröhnen die Bässe aus den Lautsprechern, wenn am Himmel das Feuerwerk glitzernde, flitternde Spuren zieht. Hoch über dem riesigen Weihnachtsbaum, der voller Lichter bunt geschmückt mitten in Beirut steht. Klingende Gläser und schmatzende Luftküsse läuten das neue Jahr ein, im polyglotten Stimmengewirr: "Habibi", "Cherie", "Darling" - so heißen im Überschwang auch gleich die Freunde und sogar mitfeiernde Fremde. Und feiern können die Libanesen - am liebsten die ganze Nacht hindurch, gern mit Menschen aus aller Herren Länder.

"Man weiß ja nie, was das Leben plötzlich so bringt", sagt die Kellnerin Rani Hayek erst ernst und dann doch mit einem Zwinkern, "deswegen feiern wir immer hier und jetzt. Und wahrscheinlich intensiver als anderswo." Zu Silvester ist ihre Cousine aus Boston gekommen, und ein Freund aus Marseille ist ebenfalls zu Besuch. Deshalb hat Rani sich freigenommen. Auch als Muslima feiert sie das neue Jahr. Kein Problem. Je mehr Religionen, desto mehr Feste, heißt es in Beirut. Die einen gehen mit der Familie groß essen, in einem der vielen Restaurants der Stadt, die anderen rocken in den Clubs durch bis in den frühen Morgen.

"Paris des Ostens" hieß Beirut in den 1970er Jahren, es war international und sehr französisch, ein kultureller Treffpunkt der Welt und tolerant gegenüber verschiedensten Konfessionen, Lebensstilen und Weltanschauungen. Dann schwappten die blutigen Konflikte der Nachbarländer über die Grenzen, noch immer trägt manche Hausfassade Einschusslöcher. Doch heute sind die strikten Trennlinien zwischen christlichem Osten und muslimischem Westen wieder Geschichte. Die rund 18 Glaubensgruppen der Stadt mischen sich erneut im Stadtbild. Und tief verschleierte Frauen gehören ebenso selbstverständlich dazu wie tiefe Ausschnitte.

Das "Paris des Ostens" ist wieder da, sagen die Menschen. Kürzlich war der Papst zu Besuch, im einzigen arabischen Land mit einem christlichen Staatsoberhaupt. "In Europa denkt Ihr immer, dass der Syrien-Krieg auch in Beirut stattfindet", beklagt der Taxifahrer Farid, "aber so traurig das dort ist, wir merken das hier auch nur in den Nachrichten."Auf der Corniche, Beiruts Uferpromenade voller Läden und Cafés, tummeln sich Spaziergänger und Jogger am Meer entlang bis zur neuen schicken Marina, wo teure Segelboote auf den Wellen schaukeln. Studenten teilen sich Wasserpfeifen und Caffè Latte, in wimmligen Gassen warten hungrige Schlangen vor Basterma Mano, dem angeblich besten Kebab-Laden der Stadt.

Die alten Souks im Westen beherbergen heute auch Gucci & Co, ganz in der Nähe von phönizischen Mauerresten, der prachtvollen Moschee mit blauer Kuppel und dem Fünf-Sterne-Haus Le Gray direkt am Platz der Märtyrer. Von Gordon Campbell Gray nicht zuletzt deshalb nach Beirut gesetzt, "weil man hier auch nachts durch die Straßen spazieren kann. Es ist sicherer als in manchen Teilen von London". Von der schicken Dachterrasse samt Restaurant Indigo blickt man auch auf das nahe Viertel Gemmayzeh mit seinem turbulenten Nachtleben rund um die Rue Gouraud.

Besonders viel los ist allerorten natürlich am Silvesterabend. Oft treten libanesische und internationale Stars live auf. In vielen der großen Hotels wie im Le Gray gibt es ein glamouröses Event, auch zahlreiche Restaurants und natürlich die Clubs richten Partys und Silvester-Galas aus - allen voran die angesagten Adressen wie das BO18 und die Sky Bar. Und dann ist da auch noch die große Open-Air-Feier für alle: um Mitternacht zum Stadtfeuerwerk überm Weihnachtsbaum.
Dörte Saße