China

Parklandschaft mit Pagoden

Der Westsee zählt seit wenigen Jahren zum Weltkulturerbe der Unesco

Der Westsee zählt seit wenigen Jahren zum Weltkulturerbe der Unesco

China: Die alte Hauptstadt Hangzhou lockt mit viel Grün und Geschichte

Auf lachende Buddhas treffen Besucher im Lingyin-Tempel

Auf lachende Buddhas treffen Besucher im Lingyin-Tempel. Fotos: pra

Hunderte Menschen wandeln im grellbunten Scheinwerferlicht auf dem dunklen See. Sie lassen sich in langen Reihen nieder und schlagen auf beleuchtete Trommeln, dass es nur so spritzt. Plötzlich beginnt sich die Wasseroberfläche zu heben, ein Regenschleier fließt herab, dahinter erscheint ein tanzendes Paar.

Ungewöhnliche Inszenierung
Allabendlich wird Hangzhous große Attraktion – der Westsee – zur Theaterbühne. Chinas Starregisseur Zhang Yimou setzt mit pompösen Licht- und Klangteppichen, aufwändiger Bühnentechnik und rund 300 Statisten in Szene, was die historische Stadt für seine Landsleute so unwiderstehlich macht: romantische Legenden. Etwa die Geschichte der weißen Schlange, die sich in Gestalt einer schönen Frau unsterblich und unglücklich in einen jungen Mann verliebt.

So viel Romantik lockt die Touristen in Scharen: 40 Millionen strömen alljährlich nach Hangzhou, zu 99 Prozent Chinesen. Ausländische Besucher sieht man nur wenige – ganz im Unterschied zu Shanghai, das in einer guten Stunde mit dem Zug zu erreichen ist.

Dabei hat Hangzhou Touristen wesentlich mehr zu bieten, was chinesisches Flair und Kultur angeht. Schließlich blickt es auf eine 5.000-jährige Geschichte zurück und war zeitweise die größte Stadt der Welt. Seine Glanzzeit erlebte der einstige Handelshafen im 12. und 13. Jahrhundert als kaiserliche Hauptstadt. Damals sollen hier bis zu zwei Millionen Menschen gelebt haben.

Auch heute ist Hangzhou mit seinen dreieinhalb Millionen Einwohnern alles andere als ein verschlafenes Nest. Es gehört zu den Boom-Regionen Chinas, der Internet-Gigant Alibaba.com und andere IT-Firmen haben hier ihren Sitz. Wer vom Flughafen aus auf die Stadt zufährt, sieht reihenweise neue Hochhaustürme am Flussufer aufragen.

Doch dem hemmungslosen Bauboom hat die Stadt Grenzen gesetzt – dem Westsee zuliebe. Seit 2011 gehört dieser zum Weltkulturerbe und soll es auch bleiben. Deshalb dürfen auf der Stadtseite keine Hochhäuser errichtet werden. Die ausgedehnten grünen Hügelketten, die das Gewässer an drei Seiten umschließen, sind für Neubauprojekte komplett tabu. Auch den Verkehr hat man hier wesentlich besser im Griff als anderswo in China. Die Anschaffung und Nutzung von Autos ist streng limitiert, Motorräder sind verboten. Elektro-Mopeds und Fahrräder rollen dagegen auf eigenen Spuren, und an Tausenden Verleihstationen stehen Räder zur allgemeinen Verfügung.

Wenn man von Peking oder Shanghai hierher kommt, atmet man auf und tief durch. Hangzhou ist entspannter und viel grüner – vor allem rund um den Westsee. Die Parklandschaft, die ihn umringt, ist gespickt mit Pagoden, Pavillons und Brücken. Insgesamt 33 Quadratkilometer stehen unter dem Schutz der Unesco.

Uralte Buddha-Figuren als Begleiter
Besonders beeindruckend: die Anlage rund um das Lingyin-Kloster. Etwa drei Kilometer westlich des Sees steht eines der ältesten buddhistischen Heiligtümer Chinas. Gegründet wurde das „Kloster der Seelenzuflucht“ im Jahr 326 in einem Tal zwischen zwei Hügeln. In die Felswände sind zahllose Buddha-Figuren in unterschiedlichsten Formen und Stile gemeißelt. 338 bis zu tausend Jahre alte Skulpturen stehen Spalier auf dem Weg in den eigentlichen Tempel. Dessen fünf Hallen wurden erst seit 1860 wiederaufgebaut, zum Teil sogar unter Mao.

Der Tempel zählt zu den populärsten in ganz China. Scharen von Besuchern verharren andächtig vor den Altären, bringen Früchte und Blumen als Opfer dar. Draußen an den Rauchbecken entzünden sie dann ihre Räucherstäbchen. Der Buddhismus spielt eigentlich keine große Rolle im Land, doch für Chinesen ist klar: Wer ein dringendes Anliegen hat, bringt es den Mächten des Schicksals am besten in einem Tempel vor.

Groß ist der Andrang im Lingyin-Kloster an Wochenenden und ganz besonders zu den chinesischen Feiertagen. Wer kein Bad in der Menge nehmen möchte, sollte es da besser meiden.

Ansonsten macht es durchaus Spaß, chinesische Touristen bei ihrem Treiben zu beobachten. Fahrten auf dem Westsee in historisch anmutenden Booten gehören zum Pflichtprogramm. Und romantisch Gesinnte können sich danach am Seeufer in traditionelle Gewänder hüllen und so für ein Erinnerungsfoto posieren.

Klaus Pranger

Angebote
Hangzhou ist bei vielen ausführlichen China-Rundreisen Station mit ein bis zwei Übernachtungen, so bei Gebeco, Studiosus, Dertour, China Tours und Bavaria Fernreisen. Bei Dertour gibt es zudem einen Tagesausflug ab Shanghai als Baustein, bei East Asia Tours eine Drei-Tage-Tour „Suzhou und Hangzhou“.