Vietnam

Con Dao: Schatten im Paradies

Lange Sandstrände säumen Teile der ehemaligen Gefängnisinsel.

Lange Sandstrände säumen Teile der ehemaligen Gefängnisinsel. Foto: mw

Die Strafkolonie in heute ein Naturschutzgebiet  

Grün leuchtend ragen 16 teils gebirgige Inseln aus dem dunklen Meer heraus. Nach 40 Minuten Flug von Ho-Chi-Minh-Stadt aus landet die Propellermaschine im Con-Dao-Archipel im Südchinesischen Meer. Ein großer Teil des maritimen Gebiets wurde zum Nationalpark erklärt. Meeresschildkröten legen hier ihre Eier an geschützten Stränden ab, hier leben seltene Seekühe, die Duongs.

Auf der einzigen bewohnten Insel Con Son leben rund 5.000 Menschen. Con-Son-Stadt, Relikt aus der französischen Kolonialzeit, wirkt tagsüber verschlafen, beinahe verlassen. Alte Villen, manche verfallen, andere zu Hotels umgebaut, säumen die Promenade. Eine Kulisse wie aus einem Film zum kolonialen Indochina.

Die einzige Luxusanlage ist das Six Senses Resort am Dat-Doc-Strand, dem schönsten der Insel, vier Kilometer vom Hauptort entfernt. Wohlhabende Gäste meditieren hier auf ihren Terrassen, üben sich in Yoga und Tai-Chi, joggen am Strand und schwimmen im Meer.

Bei einem Ausflug kann man auch ein dunkles Kapitel der Inselgeschichte aufschlagen. Denn Con Son war eine der größten Gefängnisinseln Vietnams. Die Franzosen verschifften Gegner des Kolonialregimes in ihre Strafkolonie auf dem abgelegenen Archipel. Ab 1954 sperrte dort die südvietnamesische Regierung Oppositionelle, darunter Studenten, weg. Während des zweiten Vietnamkriegs inhaftierten US-Truppen Gefangene auf dem Eiland.

Sie schlossen Menschen auch in die berüchtigten Tigerkäfige ein, die schon die Franzosen in Zellentrakten abseits der Hauptgefängnisse eingerichtet hatten. Auf den gemauerten Wänden wurden Eisengitter als Decke montiert. Oben gingen Wärter auf und ab und traktierten die Gefangenen unter ihnen mit langen Stangen. 2.000 solcher Zellen gab es. Erst 1970 sorgte der Politiker Tom Harkins für das Ende des Grauens. Während eines Besuchs der Insel gelangen ihm Fotos, die die Haftbedingungen dokumentierten.

Vom Hang-Duong-Friedhof zieht der schwere Duft von Räucherstäbchen herüber. Rund 2.000 von 20.000 Gefangenen, die auf Con Son umkamen, sind hier bestattet. Nach Einbruch der Dunkelheit kommen die meisten Besucher. Sie versammeln sich am prunkvollen Grab von Vo Thi Sau. 1952 haben die französischen Besatzer die 19-jährige Widerstandskämpferin hingerichtet.

Die Besucher bringen Opfergaben wie Lippenstifte und Kämme, Obst und gekochten Reis. Dinge, die die junge Frau nutzen könnte. „Um Mitternacht ist uns der Geist von Vo Thi Sau am nächsten“, sagt Nguyen Truong Dat vom Six Senses Resort. „Wir rufen sie an, wenn wir Wünsche, Sorgen oder Nöte haben.“

Michael Winckler

Nach Con Son reisen
Das Six Senses Resort organisiert geführte Touren zum Thema „Gefängnisinsel“. Die Anreise kann mit Vietnam Airlines von Frankfurt nach Ho-Chi-Minh-Stadt erfolgen, von dort weiter nach Con Dao. Die Reise ist unter anderem bei Tischler Reisen buchbar.

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