Malaysia

Malakka: Besuch bei der alten Dame

Der Holländische Platz in Malakka mit der Ende des 18. Jahrhunderts erbauten Kirche

In einem lebendigen Museum hütet Fatima eine Notiz von Churchill

Fatima lebt im Museum. Stolz zeigt sie ihr Besucherbuch

Die Villa Sentosa mit ihren vielen Dächern liegt direkt am Flüsschen Malakka. Fotos: pisittar / istockphoto; bel (2)

Die alte Dame schlägt ein abgegriffenes Buch auf, vollgeschrieben mit Namen. Sie zeigt auf einen Eintrag und sagt: „Lies!“ Vorhänge flattern, die Fenster sind weit geöffnet, um die Mittagshitze zu vertreiben. Das Plätschern des Flüsschens Malakka bringt kaum Linderung. Doch Fatima lässt nicht locker, ihr geht es nicht um den Zauber der ältesten Stadt Malaysias, um die Kolonial-Kirchen, Festungsreste, den Sultanspalast und die Schifffahrtsstraße von Malakka.

Ihr geht es nur um den eigenen Beitrag zur Geschichte. Sie erzählt vom Großvater, der ihr malaiisches Haus 1920 erbaut hat, in Holzbauweise und auf Stelzen. Von den neun Brüdern und zwei Schwestern, mit denen sie hier auf‧gewachsen ist, und von den Tausenden Gästen.

Eintrag ins Gästebuch ist Pflicht


Dicke Wälzer hat die zierliche Frau auf dem Tisch gestapelt, um ihre Reden zu untermauern. Alle Besucher müssen sich im Gästebuch verewigen. Der berühmteste Namenszug steht über ihrem Zeigefinger: Winston Churchill. Der Eintrag stammt vom 6. März 2000 und lautet: „A most interesting visit to the home of a most distinguished family! – Ein äußerst interessanter Besuch im Heim einer sehr bedeutenden Familie!“

Der Tourismus boomt

Fatima ist Mitte 80 und lebt mit ihren Schwestern im Museum. Die Villa Sentosa steht im Zentrum Malakkas im dörflichen Viertel Kampung Morten. Jahrhundertelang landeten in Malakka Kaufleute aus China und Indien, ‧Arabien und Europa und gründeten einen Welthandelsplatz für Seide, Gold, Porzellan und Gewürze.

Seit 2008 ist die Altstadt mit den chinesischen Kaufmannshäusern und indischen Tempeln, dem portugiesischen Festungstor und dem holländischen Roten Platz Weltkulturerbe und der Tourismus boomt. Im Kampung Morten geht es dennoch gemächlich zu.

Besuchszeit ist täglich außer freitags ab neun Uhr und Fatima führt durch den blumen‧geschmückten Innenhof, wo die Tochter mit dem Enkel spielt, durch das Hochzeitszimmer mit Himmelbett, zum Esstisch mit dem englischen Porzellan des Großvaters und zum Arbeitszimmer mit Schreibmaschine.

Besonders stolz ist sie auf die Bilder vom Besuch des Königs. „Unser König ist der einzige der Welt, der gewählt wird“, sagt sie. Und erklärt, dass das Oberhaupt der konstitutionellen Monarchie alle fünf Jahre aus den Herrschern der neun Sultanate des Landes gewählt wird. Und dass der Monarch der Idee ihres Großvaters einen Tourismuspreis verliehen hat.

Rätsel um Churchill gelöst

Der hat schon vor über 25 Jahren Gästen aus aller Welt sein Heim geöffnet, ein lebendiges Museum der traditionellen Lebensweise. Das Haus steht mit 100 bunten Holzvillen inmitten von Malakka. Darunter drei Homestays, alle umgeben von tropischen Gärtchen.

Das Rätsel um Churchill, der 1965 starb und Fatimas ‧Familie somit nicht besucht haben kann, löst sich am Ende auch noch. Unter Churchills Namen hat Fatima in Blau notiert „Grandson!“: Es war sein Enkel gleichen Namens.
Helgard Below
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