Thailand

Zeitreise mit Geisterspuk

Schaurige Gestalten tummeln sich in Dansai Foto: fh

Eigentlich ist die Provinz Loei eine ruhige Angelegenheit – bis die Geister rufen …

Nach Chiang Khan kommt man nicht zufällig: Das Städtchen in der Provinz Loei im Nordosten Thailands liegt einsam am Ufer des Mekong, im Hintergrund ragen bei gutem Wetter die Phetachun-Berge in den Himmel, in den Restaurants am Fluss gibt es den Blick auf Laos am anderen Ufer gratis dazu. Auch wenn die Natur ein guter Grund wäre, hier einmal vorbeizuschauen, für die thailändischen Touristen ist es die Nostalgie, die sie in Scharen nach Chiang Khan zieht.

Wenn sie am Abend über die Hauptstraße schlendern, die nach Einbruch der Dunkelheit für den Autoverkehr gesperrt wird, finden sie hier das Thailand von „damals“: verzierte Holzhäuser, Läden mit den Waren, die sie aus ihrer Kindheit oder vom Dachboden der Großeltern kennen und eine entspannte Atmosphäre, die mit den Großstädten wenig zu tun hat.

Für viele Thais ist Chiang Khan allerdings nur der Einstieg. Danach geht es in die Berge – für die Aktiven – oder nach Dansai. Mit 3.500 Einwohnern ist das Dorf weder für Nachtleben noch andere anstrengende Aktivitäten bekannt. Dansai weiß seine Abgeschiedenheit gut zu vermarkten, sogar eine Eco-Lodge, das Phu Na Come Resort mit luxuriös großen Zimmern gibt es hier. Dies allerdings hat Dansai dann doch vor allem den Geistern zu verdanken.

Einmal im Jahr kommen sie zum Phitakhon-Festival zusammen. Nach langer Abwesenheit soll Prinz Vessadorn, die letzte Inkarnation Buddhas, einst bei seiner Rückkehr in die Stadt so begeistert begrüßt worden sein, dass sogar die Toten davon aufwachten und mitfeierten. Seither wird das Fest jedes Jahr begangen.

Nur sind die Toten heute ziemlich lebendig. Mit lauter Musik ziehen die Geistergruppen zu Phitakhon über die Hauptstraße, verborgen hinter schrecklichen Fratzen mit langen Fangzähnen und zotteligen Kostümen. Dahinter verbirgt sich die männliche Dorfjugend – komplett, wie es scheint, denn die Geister sind zu Hunderten unterwegs. Drei Tage und Nächte lang geht es zur Sache: Tagsüber mit endlosen Umzügen und Tanzkorsos, abends mit ohrenbetäubenden Konzerten lokaler Bands.

Thailands Geister sind ohnehin keine Kinder von Traurigkeit. Laute Musik, bimmelnde Glöckchen und das helle Tageslicht machen ihnen nichts aus, im Gegenteil: Sie lieben es, unterhalten zu werden. Auch die lästige Zeitbeschränkung auf die Stunde zwischen Mitternacht und ein Uhr, wie sie die europäischen Geister kennen, gibt es für sie nicht.

Sogar bei der Planung von Phitakhon reden die Geister mit: Wann das Fest stattfindet, weiß niemand. Außer dem Stadtgeist – und seinem Medium Jao Por Guan. Meist meldet sich der Stadtgeist im März um einen Termin im vierten Monat des Mondkalenders, also im Juni, auszuwählen. Dann heißt es flott buchen, denn die Zimmer werden schnell knapp.

Für den Touristen interessant: Phitakhon funktioniert nach dem „Kauf-eins-krieg-drei“-Prinzip: Auch das buddhistische Bun Luang und das Raketenfestival finden zeitgleich statt, untrennbar mit Phitakhon verwoben. Ein bisschen Buddhismus, etwa Geisterglaube und viel Party-Spaß. Wenn das kein Schnäppchen ist!

Francoise Hauser
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