Mehr als 350 Orte in dienten bereits als Filmkulisse
Mittelerde – tatsächlich! Da steht man nun im Land der dreieinhalb Millionen Menschen und 70 Millionen Schafe und sieht eine Mischung aus Irland, den Alpen und Tolkiens Fantasiewelten. Sanfte Ebenen in unwirklichem Grün fließen irgendwo am Horizont in mächtige Berge. Vögel zwitschern, und kein Autogeräusch stört. Darüber fliegen Wolkenfetzen im stahlblauen Himmel, als seien sie vom Teufel geritten. Ein Bach plätschert. Nur den Mund sollte man langsam wieder zumachen, es gibt hier nämlich auch Fliegen. „Herr der Ringe“ war VorreiterMehr als 350 verschiedene Orte in Neuseeland dienten bereits als Filmkulisse. Kiwi-Land ist fest verankert auf der Landkarte der Motiv-Scouts, die für die Kinoindustrie weltweit nach spektakulären Drehorten Ausschau halten. Mittlerweile verhält es sich mit Neuseeland und seinen Filmschauplätzen wie mit Fish'n'Chips-Shops in Auckland: Man muss nicht lange suchen, um sie zu finden.
Im großen Stil angefangen hat es mit dem Schöpfer des detailreichsten Kleinuniversums der Literaturgeschichte, mit J. R. R.Tolkien und „Der Herr der Ringe“. Die Saga um den Kampf von Gut und Böse inszenierte Regisseur Peter Jackson, der mehr als zwei Jahre umherreiste, um in seiner Heimat Neuseeland die perfekten Locations zu finden. Der Film infizierte sogar Nichteingeweihte. Und Leute, die stets sagten „Neuseeland? Ist doch viel zu weit weg für eine Reise!“ meinten auf einmal: „Da muss ich hin. Sofort!“ Im Tongariro-National-Park, wo im Winter manche Kiwis die Kraterhänge hinunterwedeln, verwandelte Jackson mit einmaligen Bildern die Mondlandschaft und ihre dunklen Seen zur Kulisse für Gororoth und Mordor. In den Waitomo-Höhlen holte sich sein Soundteam dazu die Klänge der Tiefe. Seitdem ist die St. Benedict's Cave fürs Publikum erschlossen, und selbst Höhlenmuffel wagen den Gang ins dunkle Reich. Ganz anders dagegen Hobbingen – gemeint ist natürlich die sanfte Hügellandschaft im Hinterland der wunderschönen Bay of Plenty. Auch die Südinsel Neuseelands bekam ihre Drehorte. Das Tal der Elben, die Marlborough-Region, liebte schon James Cook. Weiter südlich, wo das Bungee-jumping touristisch erfunden wurde, und Adrenalinsüchtige reihenweise ihren Kick beim Sprung suchen, wurde die große Schlacht – in der Nähe von Twizel – geschlagen: vor dem 3.764 Meter hohen Mount Cook, dem höchsten der 27 Dreitausender des Landes. Und noch weiter südlich drehte letztes Jahr Kiwi-Regisseur Roger Donaldson Teile von „The World's Fastest Indian“: Es ist die Lebensgeschichte von Burt Munro – gespielt von Anthony Hopkins –, der Jahre opferte, um den Geschwindigkeitsweltrekord für Motorräder zu brechen. King Kong ist Neuseeländer
„Das Piano“, „Whale Rider“, „Der letzte Samurai“ oder „King Kong“ sind weitere bekannte Streifen, die das Neuseeland-Flair transportieren. „Whale Rider“-Regisseurin Niki Caro meinte: „Visuell gesehen wünschte ich mir einen imposanten Look. So wie Das Piano die internationale Kinogängerschaft für die Westküste Neuseelands begeisterte, sollte Whale Rider die Ostküste attraktiv machen.“ Gefunden hat die Neuseeländerin die Schauplätze schließlich und vor allem in der Traumbucht von Whangara. Einziges Problem seitdem: Die einst freundlichen Einwohner sind mehr und mehr genervt vom Kinotourismus.
Jochen Müssig
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Bei fast allen Veranstaltern sind der Tongariro-National-Park und der Mount-Cook-Nationalpark Station auf den Neuseeland-Rundreisen. Spezielle Touren zu den Originaldrehorten von „Der Herr der Ringe“ werden von mehreren neuseeländischen Reiseveranstaltern angeboten. Es gibt sie als Tagesausflug ab 100 Euro bis zur 17-tägigen Rundreise, die für rund 3.200 Euro zu haben ist. Weitere Infos unter www.touring-newzealand.de.