Französisch-Polynesien

Neptuns Murmeln

Schwarz kommt zu Schwarz, Gold zu Gold. Die Perlen werden nach Farben und Qualität sortiert.

Französisch Polynesien ist das schönste Ende der Welt. Nun kann man hier auch nach schillernden Perlen tauchen

So sieht er aus, der Schatz der Südsee. Fotos: hb

Heute schenkt einem das Leben nur die besten Erinnerungen. Weißer Sand, fein wie Mehl, pudert die feuchten Füße. Sattgrün leuchten die Flanken der Berge im Abendlicht. Tiefrot sagt die Sonne als Feuerball au revoir. Vom Meer weht eine kühlende Brise, salziger Abgesang auf den heißen Tag. Wellen rauschen, Palmblätter flüstern, an der Bar klirren die Gläser. Hier in der Lagune, am vielleicht schönsten Ende der Welt, werden Träume Realität.

In Französisch Polynesien verwandelt sich das Wasser tatsächlich von einem zarten Türkis am Strand in ein glasklares Smaragdgrün, über das die Kanus fliegen und auch die Kitesurfer. Es dunkelt über Indigo-Töne ab zu einem satten Kobalt, bevor es jenseits des Riffs ins makellose Lapislazuli-Blau von Moana übergeht: So nennen sie hier den weiten Ozean. Man mag den Fototapeten-Mythos belächeln. Doch wer das Farbenspiel erlebt, wird nicht mehr widersprechen, wenn jemand von den „Perlen des Pazifiks“ schwärmt.

Versteckt im Meer wachsen die echten Juwelen. Perlen, wie Robert Wan sie in seinem Büro in Papeete gerade vor sich ausbreitet, wie Mosaikteilchen eines Regenbogens. Hier die Tahitian Gold mit ihrem ockerfarbenen Schimmer, dort einige wie Pfauenfedern blitzende Peacocks, dazu eine seltene himmelblaue Sky, rote Cherrys, dunkel leuchtende violette Perlen und blitzende silberne.

Der alte Mann greift mit beiden Händen in die Pracht wie ein kleiner Junge in seine Murmeln. „Perlen“, sinniert Robert Wan, „sind schon bei der Geburt perfekt. Man muss ihretwegen kein Gestein sprengen, keinen Schotter sieben und keinen Stollen ins Gestein treiben. Man muss sie nicht schleifen, um sie in etwas Schönes zu verwandeln. Man muss nur warten.“

Robert Wan, inzwischen 80 Jahre alt, hat das Warten perfektioniert. Mal dauert es zwei Jahre, mal vier, mal acht, bis er weiß, ob es sich gelohnt hat. Er herrscht über ein unsichtbares Volk: Millionen von Austern schenken ihm Millionen von Meeresschönheiten. Der größte Perlenproduzent der Südsee besitzt das Atoll Marutea Sud, wo die buntesten und größten Perlen Französisch Polynesiens heranwachsen, ausgebrütet von Austern mit schwarzen Lippen, die ihm den Schmuck schenken.

Wer nach seiner persönlichen Glücksperle tauchen möchte, kann bei Joachim Dariel auf dem Atoll Fakarava vorbeischauen. Mit nur 8.000 Austern im Wasser ist die Zucht für den Wahl-Polynesier ein Nebenerwerb. „Für 30 Euro kannst du dir eine Auster aussuchen und öffnen – die Perle gehört dann dir, egal, wie wertvoll sie ist“, erklärt er das Prinzip seiner „Perlenlotterie“. Ein Gewinn ist also garantiert. So schnorchelt man hinaus, um sich eine von Neptuns schillernden Murmeln zu angeln.
Helge Bendl