Türkei

Ägäisküste: Das Antiken-Trio

Arkaden der Agora von Dydima.

Historische Highlights - Dydima, Milet und Priene

Meduse im Apollo-Tempel, Dydima. Fotos: cd

Das Verbotsschild lässt eigentlich keine Fragen offen. Eine Hand mit einem Stift darin, ein dicker roter Balken diagonal darüber gezogen. Zur Sicherheit wird das Anliegen ein paar Meter weiter noch einmal in Worte gefasst: „Bitte nicht auf die Wände schreiben!“ Diese Kunstwerke bedürfen nämlich keiner Ergänzung. Sie sind perfekt. Die Mauern sind aus blendend hellem Marmor, die Quader mit feinster Präzision gefügt.

Das Dydimaion am Rand des heutigen Dorfes Didim ist die größte antike Tempelanlage der Türkei. Apollon wurde hier einst verehrt und ein Orakel befragt, das in seiner Bedeutung gleich hinter dem von Delphi kam. 600 Jahre wurde am Tempel gebaut, der nie vollendet wurde und dennoch überwältigend schön ist. Gleich am Eingang dieses marmornen Wunderlands überrascht ein gigantischer Medusenkopf, herrlich gearbeitete Stierhäupter und Löwenfiguren.

Die Landschaft rundum ist von geradezu aufreizender Reizlosigkeit. Bis an den Horizont dehnen sich die Baumwollfelder im Schwemmland des Büyük Menderes. Der Fluss ist auch als „Großer Mäander“ bekannt und war schon vor zwei Jahrtausenden die lebensspendende Wasserader der Region, die freilich ihren Lauf immer wieder änderte.

Die Ebene stößt im Norden an die bergige Region der Dilek-Halbinsel mit dem gleichnamigen Nationalpark und schönen Stränden. Hier warten zwei weitere antike Stätten, die einst inmitten bedeutender Siedlungen lagen. Milet verfügte einstmals über vier Häfen, hatte rund 80.000 Einwohner und soll Dutzende von Tochterstädten rund um das Mittel- und Schwarzmeer gegründet haben. Handwerkskunst wie Mode und Möbel „Made in Milet“ waren damals weithin berühmt und begehrt. Die Stadt überstand Kriege sowie die Eroberung und Plünderung durch die Perser.

Dreimal erlebte Milet eine Blütezeit. Seinen Untergang erzwang kein Feldherr, sondern die Laune des nahen Flusses. Der große Mäander schob stetig seine Last aus Geröll und Sand immer weiter ins Meer hinaus. Die Küste wanderte nach Westen, weg von der einst mächtigen Stadt.

Schafe grasen heute in der schachbrettartigen Anlage der antiken Großstadt mit „Shopping“-Arkaden und gigantischem Theater. In den Einkerbungen für die Bronzedübel der Säulenstümpfe baden die Spatzen in den Resten des letzten Regenschauers. Der Apostel Paulus hatte Glück: Er erlebte diese Stadt in besseren Tagen.

Priene, einst direkt am Latmischen Meerbusen gelegen, erhebt sich heute wie auf einer Terrasse über dem Schwemmland der Mäanderebene. Agora und Athenatempel, Bouleuterium, Gymnasium und Stadion: Priene ist Schritt für Schritt eine Entdeckung. Im Frühling wachsen wilde Orchideen zwischen ionischen Säulenfragmenten, die wie riesige steinerne Zahnräder in der Landschaft liegen.
Claudia Diemar