Spanien

Stille Tage in der Isla Baja

Fotogenes Ausflugsziel: die Masca-Schlucht.

Fotogenes Ausflugsziel: die Masca-Schlucht.

Die Region im Nordwesten Teneriffas ist ein touristischer Spätzünder

Wanderführerin Francoise erklärt die Flora der Isla Baja.

Wanderführerin Francoise erklärt die Flora der Isla Baja. Fotos: pa

Anfang Dezember streben die Kanaren auf die winterliche Hochsaison zu, doch in Los Silos ist nichts los. Das Örtchen im Nordwesten Teneriffas hat die Bürgersteige nur deswegen nicht hochgeklappt, damit die Leute ihren Alltäglichkeiten nachgehen können. Kinder kehren von der Schule heim, Frauen gehen zum Einkaufen aus. Die Männer werkeln auf den Baustellen. Machen sie Pause, ist es in Los Silos herrlich still.

Es gibt ringsum viele Baustellen, denn die Region Isla Baja mit Los Silos und den Nachbardörfern Buenavista und Garachico steht bei Residenten hoch im Kurs. Schon jetzt machen sie geschätzte zehn Prozent der Bevölkerung von Los Silos aus, eher mehr. Die Fremden lassen sich in kleinen bunten Würfelhäusern nieder, die runter bis zur Küste wachsen. Los Silos verdient mit dem Ausverkauf freilich nur einmalig Geld, und hat doch neue Einnahmequellen so nötig. Mit dem Anbau von Bananen und Zuckerrohr kann sich die Region jedenfalls nicht mehr ernähren.

Naturschutz setzt Grenzen
Als Hoffnungsträger gilt in Los Silos jetzt der Tourismus. Unlängst wurde ein Ratsherr für Fremdenverkehr ins Amt gehoben, José Andres Lorenzo Palenzuela. Man trifft den neuen Akteur im Rathaus aus dem 17. Jahrhundert an, das ein Aushängeschild für die Sehenswürdigkeit der Gegend par excellence ist. Die Balustraden sind aus dem Kernholz kanarischer Kiefer geschnitzt, rotbraun mit wilder Maserung. Mittlerweile steht Teneriffa zu etwa 40 Prozent unter Naturschutz, was mit der kanarischen Kiefer zu tun hat. Der Baum ist ein Wunderwerk der Natur, Stütze des Ökosystems und Überlebenskünstler. Harziges Holz und eine vielfach geschichtete Rinde machen die Pflanze widerstandsfähig gegen Waldbrände. Mit ihren puscheligen Nadeln ist sie in der Lage, Feuchtigkeit aus den Wolken zu ziehen. Im Boden bilden sich Wasserreservoirs, und Wasser ist knappes Gut auf Teneriffa. Ein weiteres Abholzen der Kiefern – und es sind schon viele gefallen – würde bedeuten, dass sich die Insel das Wasser selbst abgräbt.

Der Naturschutz setzt auch dem Tourismus Grenzen. Ratsherr Palenzuela hat damit kein Problem, will er Los Silos doch ohnehin „Richtung Qualitätstourismus“ lenken. Qualität und Masse, das schließt sich für den Amtsfrischling aus. Er will alles richtig machen, und wertet das Hotel Luz del Mar (www.luzdelmar.de) als perfekten Start. Das Vier-Sterne-Haus von Wanderveranstalter Wikinger Reisen wurde Ende vergangenen Jahres eröffnet, es ist das erste Hotel in Los Silos. Mit überschaubaren 49 Zimmern und einer Bauweise, die allen Kriterien für nachhaltigen Tourismus genügt, gilt es Palenzuela als wegweisend. Mehr von solchen Touristenherbergen soll es geben, neue Küstenwege und Angebote für Aktivurlauber. Denn in diesem Segment liegt die Stärke der Isla Baja, wie auch die Agentur El Cardón (www.elcardon.com) meint. Sie hat sich auf Wandern, Mountainbiking und Seekajak spezialisiert. Highlights wie die Masca-Schlucht stehen ebenso auf dem Programm wie das entlegene Minidorf Teno Alto. Erst seit den 80er Jahren führt eine asphaltierte Autopista hierher, und seit zehn Jahren gibt es Strom. Traditionen seien in Teno Alto wie in einer Vorratskammer konserviert, findet El-Cardón-Wanderführerin Francoise Morawe.

Nicht alles auf eine Karte
Ansonsten ist man kulturell aber schnell durch. Los Silos hat eine Kirche aus dem 16. Jahrhundert, neogotisch nachdekoriert, und es gibt ein Besucherzentrum, das Schauplatz des Internationalen Märchen-Festivals im Dezember ist. Im benachbarten Garachico ist der Hafen eine Kaffeepause wert – oder der Dorfplatz, auf dem Altherrenrunden lauthals lamentieren. Als größte Attraktion der Ortschaft Buenavista gilt der Golfplatz (www.buenavistagolf.es). Nach dem Gang übers Grün kann man noch auf dem Küstenweg spazieren oder ins Meerwasserschwimmbad eintauchen. Damit die Besucher künftig länger bleiben, ist neben dem Green ein Fünf-Sterne-Hotel geplant.

Weil Teneriffas Tourismus schon aus Naturschutzgründen nicht als Vabanquespiel taugt, setzt die Isla Baja auch auf Weinanbau. Ein Thema, das wiederum touristisch taugt. Eine neue Weinroute (www.rutasyvinos.com), die Ruta del Vino Tacoronte-Acentejo, führt zu Bodegas, Museen und Geschäften. Man kann darüber streiten, ob die Weine aus der Isla Baja etwas Besonderes sind. Was man entlang der Route sonst noch erstehen kann, ist es allemal. Die Bodegas Monje bei El Sauzal liefert ein süß-saures Beispiel: Spezialität des Hauses sind Essigpralinen.

Pilar Aschenbach