Großbritannien

England: Geschüttelt, nicht gerührt

Die "Moonraker-Route" führt auch durch die Ortschaft Deal in der Grafschaft Kent.

Die "Moonraker-Route" führt auch durch die Ortschaft Deal in der Grafschaft Kent.

Auf den Spuren von Bond-Autor Ian Fleming unterwegs

Im Pub Duck Inn erinnert ein Schild an den Autor, der hier Stammgast war.

Im Pub Duck Inn erinnert ein Schild an den Autor, der hier Stammgast war. Fotos: gsg

Sein Name ist Bond, James Bond. Der Mann mit der Lizenz zum Töten liebt seinen Wodka-Martini geschüttelt, nicht gerührt. Natürlich auch schnelle Autos, Casinos und schöne Frauen. Da ist er seinem Erfinder gleich, der sich gern als Frauenheld und Genussmensch gab. Der Schotte Ian Fleming hatte zudem ein Faible für die liebliche Südostküste der Grafschaft Kent.

Hier, zwischen Dover und Ramsgate, lebt der umtriebige Schriftsteller und Journalist in den 50er Jahren mit Frau Anne. Hier fallen auch später zahlreiche Filmklappen für Streifen wie „Moonraker“ und „Goldfinger“. In St. Margaret?s Bay mit Blick auf den Ärmelkanal und die weißen Klippen von Dover bezieht Fleming 1952 ein Sommerhaus. Der Name: „White Cliffs“. „Die ursprüngliche Landschaft und der britische Charme idyllischer Küstenstädtchen haben ihn offensichtlich zu Höchstleistungen an der Schreibmaschine inspiriert“, ist John Ingram überzeugt. Der pensionierte Englischlehrer ist passionierter Bond-Kenner und weiß fast alles über Leben und Vorlieben des Romanautors. Wir treffen den 76-jährigen Gentleman im Duck Inn, nahe der A 52 auf dem Weg von Dover nach Canterbury. Der kleine Pub – er war Flemings Lieblingskneipe – ehrt den ehemaligen Stammgast noch heute mit einem blauen Emaille-Schild.

Inspirierende Landschaften
Fleming war scharfen Drinks durchaus zugetan, rauchte bis zu 60 Zigaretten am Tag und saß stundenlang auf einer Bank im Garten, weiß Lehrer Ingram. Dabei sei sein Blick über die weite Wiesen- und Waldlandschaft der immergrünen hügeligen Grafschaft geglitten. Ausgerechnet hier ließ Fleming seine Erfolgsfigur in die Rolle des Meisterspions in „Man lebt nur zweimal“ schlüpfen. Dies bezweifelt zumindest Ingram. Vielleicht habe der Autor im „Duck“ nur letzte Hand an das Manuskript angelegt, mutmaßt der Fleming-Kenner mit einem Kopfschütteln.

Wie dem auch sei. Fest steht: Immer wieder lassen sich in Flemings Bond-Romanen Dialoge finden, die sich an örtliche Details der Küste Kents orientieren. Deshalb hat das Fremdenverkehrsamt, nicht nur als touristisches Highlight für Bond-Fans, die „Moonraker-Route“ aufgelegt. Der Reiseweg ist dokumentiert. In dem Roman lässt Fleming seinen Geheimagenten im Bentley von Canterbury nach Dover und St. Margaret's flitzen. Dabei passiert er unter anderem die Ortschaft Deal. Hier an den Klippen hatte Bösewicht Sir Hugo Drax, der London sprengen will, im Film sein zerstörendes Raketengelände eingerichtet. In „Goldfinger“ kommt Bond zudem an Chilham und Ashford vorbei. Entlang saftiger Wiesen und hügliger Weiden mit grasenden Schafen führt die Landstraße über Chatham, Faversham und Ramsgate nach Sandwich – Städte, die in Flemings Novellen stets eine Rolle spielen.

Ein Abstecher in das Historic Dockyard bei Chatham sollte dabei kein Kent-Besucher auf den Spuren Flemings auslassen. Die Schiffswerft mit Industriegebäuden aus der viktorianischen Zeit war Schauplatz für Dreharbeiten so erfolgreicher Bond-Streifen wie „Diamantenfieber“ und „Die Welt ist nicht genug“.

Wo die Filmhelden golften
Nur ein Steinwurf von Sandwich entfernt, liegt der exklusive Golfclub St. George's. Der 18-Loch-Court an der Küste präsentiert sich mit perfektem Rasen, kleinen Bodenerhebungen und – durch die Meeresnähe bedingt – auch mit besonderen Tücken für Hobbygolfer. Diese großzügige Anlage dient dem Bond-Autor als Vorlage für eine Szene, in der sich sein Superagent ein Spiel mit dem „Goldfinger-Schurken“ alias Gerd Fröbe liefert.

Fleming ist gerade zum Präsidenten des Clubs gewählt worden, als er bei einer Sitzung des Komitees am 11. August 1964 eine Herzattacke bekommt. Einen Tag später stirbt er erst 56-jährig in Canterbury. Flemings Nachkommen sind noch heute in der Mitgliederliste des St. Gorge's zu finden. Ab und an treffen sie sich dort zum gemeinsamen Abschlag.

Günter von Saint-George