Belgien

Belgisches Abenteuer

Heute kümmern sich Initiativen um die touristische Erschließung der Terrils.

Heute kümmern sich Initiativen um die touristische Erschließung der Terrils. Foto: fh

Die Terrils sind Symbol der industriellen Vergangenheit Walloniens

Über 200 Kilometer zieht sich die Transterrilienne mit fast 1.000 Gipfeln durch die wallonische Ebene: gigantische, schwarze Maulwurfshügel von bis zu 300 Metern Höhe, die auch im Winter nie von Schnee bedeckt sind. „Terril“ heißen sie auf Französisch, was sich schlicht mit Abraumhalde übersetzen ließe, aber weniger aufregend klingt.

Lange Zeit hat man sich in Belgien nicht um die Terrils gekümmert, denn sie sind das Symbol der industriellen Vergangenheit Walloniens, standen für Dreck und Kohlebergwerke, Minenunglücke und später Arbeitslosigkeit. Nutzlos schienen sie zudem, denn viele der Terrils brennen. Teils enthalten sie noch bis zu 20 Prozent Kohle, die sich aufgrund chemischer Prozesse selbst entzündet. Auf bis zu 600 Grad Celsius erhitzen sie sich im Inneren. Wie der Terril des Hiercheuses nahe Charleroi: Nein, eigentlich darf man ihn nicht betreten, denn immer wieder tun sich über Nacht neue Öffnungen auf, aus denen der Rauch quillt, reißen kleine Hänge ab. Es riecht nach Schwefel und Muff und dampft aus dem Gebüsch – die Gebäude am Fuße des Terrils sind längst abgebrannt. Was langfristig aus dem schwarzen Hügel werden soll, weiß niemand so genau. Die Nachbarn zucken mit den Schultern: Privatbesitz.

Um die staatlichen Terrils steht es besser. Gleich zwei große Initiativen kümmern sich heute um die touristische Erschließung der Halden: So hat das EU-Projekt Pays des Terrils in der Region Lüttich eine ganze Kette von Terrils ausgeschildert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Auch die Organisation Fédération de la Chaine des Terrils (www.terrils.be) organisiert Wanderungen über die Halden. Die offiziellen Touren freilich führen meist über erloschene Terrils – wer will schon seine Touristengruppe in einem rauchenden Loch verschwinden sehen? Der Spaziergang ist trotzdem nicht minder beeindruckend. Selbst die inaktiven Terrils locken aufgrund ihrer schwarzen Böden mit einem einzigartigen Biotop.

Kein Wunder, dass Fauna und Flora eher an den Vesuv als an Belgien erinnern. Um die 500 Pflanzen- und 90 Vogelarten findet man hier, mehr als 40 Schmetterlingsarten, von denen viele in Belgien eigentlich nicht heimisch sind. Jeder Schritt lässt eine bläuliche Welle von Blauflügelheuschrecken aufsteigen, es flattert und zwitschert wie in einem Nationalpark. Geht es nach den Terril-Schützern, liegt hier das große touristische Potenzial Walloniens. Wer es gesehen hat, weiß: Da ist was dran.

Françoise Hauser