Niederlande

Rotterdam: Aufbruch zu neuen Ufern

Die Rotterdamer "Archiguides" bieten Rundfahrten per Fahrrad an.

Die Rotterdamer "Archiguides" bieten Rundfahrten per Fahrrad an. Foto: heu

Die niederländische Hafenmetropole erfindet sich neu

New York, Las Palmas, Montevideo. Städte, die Fernweh wecken, die an Amerika, Spanien oder Uruguay denken lassen. Doch weit gefehlt – das Hotel New York, das Restaurant Las Palmas und der 152,3 Meter hohe Montevideo-Wolkenkratzer, der im Jahr 2005 eröffnet wurde, befinden sich allesamt im niederländischen Rotterdam – und zwar in einem Gebiet, das lange Zeit zum Rotterdamer Hafen gehörte, ab den 60er Jahren aber zu verfallen drohte.

Seit vor 16 Jahren mit dem Städtebauprojekt Kop van Zuid begonnen wurde, erwacht das Rotterdamer Viertel, das direkt am Ufer der Nieuwen Maas gelegen ist, zu neuem Leben. Dort, wo früher ein Zentrum des niederländischen Kolonialhandels war, hat sich eine hippe und schicke Kultur breitgemacht, die auf einen kontrastreichen, aber gelungenen Mix aus Alt und Neu setzt. So sind es vom Gebäude des World Port Centers, einem 124 Meter hohen runden Glaspalasts, der vom britischen Stararchitekten Sir Norman Foster entworfen wurde, nur wenige Meter bis zum Hotel New York, einer Luxusherberge, die im 1901 gebauten Verwaltungs- und Abfertigungsgebäude der Holland-Amerika-Linie an der Wilhelminakade untergebracht ist.

Tradition oder Moderne – diese Frage stellt sich in Rotterdam Ende der 40er Jahre, denn die Innenstadt war von der Luftwaffe Nazideutschlands nahezu vollständig zerstört worden. „Es gab intensive Diskussionen darüber, ob man das alte Rotterdam wieder aufbauen sollte oder ob man die Stadt modernistisch gestaltet. Die Modernisten setzten sich schließlich durch“, berichtet Sereh Mandias, eine Architekturstudentin, die für die Archiguides arbeitet, einem örtlichen Veranstalter, der Stadtrundfahrten mit dem Fahrrad zu den zahlreichen architektonischen Sehenswürdigkeiten Rotterdams anbietet.

Eine der vielen Pflichtstationen sind die 38 Kubuswohnungen, die sich der mittlerweile verstorbene Architekt Piet Blom ausgedacht hatte. Sie sind oberhalb einer Fußgängerbrücke in der Nähe des Marktplatzes zu finden und erwecken den Eindruck, als hätte ein Riese eine Reihe schwarzgelber Würfel kunstvoll ineinander verschachtelt.

Ungewöhnliche Architektur lässt sich in Rotterdam aber nicht nur von außen betrachten, sondern auch hautnah erleben. Zum Beispiel durch eine Buchung im Hotel Stroom, einem Elektrizitätswerk, das zu einer Unterkunft mit modern eingerichteten Studios umgerüstet wurde. Oder bei einer Übernachtung im Euromast, einem vor 50 Jahren gebauten Aussichtsturm, der über 2 Suiten verfügt, die es Gästen ermöglichen, in gut 100 Metern Höhe luxuriös und komfortabel zu nächtigen. „Wir haben uns wirklich gefühlt wie im Himmel, alles war perfekt“, schrieb ein brasilianisches Paar hier ins Gästebuch.

Rainer Heubeck