Deutschland

Thüringer lieben’s deftig

Vom Sockel grüßen die Dichterfürsten auf dem Theaterplatz in Weimar.

Vom Sockel grüßen die Dichterfürsten auf dem Theaterplatz in Weimar. Foto: gsg

Im Freistaat sind Bratwurst und Klöße ein Muss

Das Bundesland wirbt mit viel Geschichte und unzähligen Geschichten. Doch wo beginnen? Vielleicht ganz profan am Bratwurststand. Man findet ihn überall, denn das Original – 20 Zentimeter lang und 150 Gramm schwer – ist für die Thüringer ein Stück Lebensart.

Nicht von ungefähr wurde in Holzhausen zwischen Weimar und Erfurt vor einem Jahr das erste Deutsche Bratwurstmuseum ins Leben gerufen. Auf 200 Quadratmetern findet sich Interessantes, Kurioses und Historisches rund um die Wurst, die im Freistaat so klassisch ist wie Goethe und Schiller. Vielleicht haben die großen Dichter und Denker ja sogar ihren Senf dazu getan. Kostverächter waren sie nicht.

Das jedenfalls erzählt Gunter Grobe. In der Kutsche lenkt er seine Gäste durch die Klassik – im historischen Kostüm und passender Sprache. Hopplahopp geht’s übers Kopfsteinpflaster Weimars und durch die Lebensgeschichten von Schiller, Wieland, Anna Amalia, der Großherzogin Maria Pawlowna und immer wieder Goethe. Mehr, vor allem Geheimnisse aus dem Liebesleben dieser Personen der Zeitgeschichte, erfährt man im Dunkeln der Nacht – bei einer Laternenführung durch die stillen Gassen der Stadt. Alles altmodisch? Zumindest romantischer als der geschicht?liche Schnelldurchgang im „Weimar Haus“: Goethe, Luther und Napoleon als Wachsfiguren, dazu Säbelrasseln und Theaterdonner.

300 Kilometer ist sie lang, die „Klassikerstraße Thüringens“, die dorthin führt, wo Goethe und Schiller unvergängliche Werke der Weltliteratur verfassten. Hier dirigierten Bach, Liszt, Brahms, Wagner und Strauss. Auch Philosophen, Naturwissenschaftler und Pädagogen wie Brentano, Fichte, Hegel, Schelling, Nietzsche und die Gebrüder Humboldt haben Gewichtiges hinterlassen. Ebenso wie die berühmten Architekten und Baumeister, die Burgen, Festungen, Kirchen, Klöster und Schlösser schufen.

Eine Zeitreise, die ihre Zeit braucht. Allein Jena ist eine Reise wert. Schon als Goethe und Schiller hier Freundschaft schlossen, war Jena für Goethe die „Stapelstadt des Wissens und der Wissenschaft“. Heute ist sie die High-tech-Stadt der Gegenwart in der Optik – mit dem ältesten Großplanetarium der Welt, das mit hochmodernen Angeboten überrascht.

Die Landeshauptstadt Erfurt glänzt mit ihrem mittelalterlichen Stadtkern, dem einzigartigen Ensemble von Mariendom und Severinkirche und der längsten noch erhaltenen Brückenstraße Europas – der „Krämerbrücke“. Die Altstadt bildet alljährlich die prächtige Kulisse des Erfurter Weihnachtsmarktes. Hier lohnt sich ein kulinarischer Rundgang mit Besuchen des Thüringer Spezialitäten-Markts, einkehren sollte man im Traditionsgasthof „Zum Güldenen Rade“ und sich landestypische Klöße und Kös?tritzer Schwarzbier munden lassen. Die lukullische Tour könnte im Haus des Goldheim-Chocolatiers enden.

Bei der Tour durch den „Freistaat im Herzen Deutschlands“ darf natürlich Eisenach nicht fehlen, die Geburtsstadt von Johann Sebastian Bach. Tausende pilgern an manchen Tagen zur nahen Wartburg, auf der Martin Luther als „Gefangener“ das Neue Testament übersetzte.

Reichlich Geschichte also, mit der Thüringen erfolgreich die Werbetrommel zu schlagen im Stande ist. Doch das Bundesland kann auch mit anderen Pfunden wirkungsvoll wuchern. Letzteres ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn Bratwurst, Kloß und Schokolade hinterlassen schließlich auch Spuren.
Günter von Saint-George
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