Portugal

Portugal: Zu Fuß zu Korkeichen

Der Weg Via Algarviana folgt den Pfaden, die Eseltreiber und Schafhirten seit Jahrhunderten nutzen.

Der Weg Via Algarviana folgt den Pfaden, die Eseltreiber und Schafhirten seit Jahrhunderten nutzen. Foto: rh

Der Wanderweg Via Algarviana erschließt das wildromantische Hinterland der Algarve

„Sechs Stunden“, sagt Nuno und schaut auf unsere Füße. Sechs Paar leichte Wanderstiefel kommentiert er mit einem kurzen Nicken, die Turnschuhe der jungen Dame neben uns mustert er kritisch. „Schaffst du damit 25 Kilometer?“ Nuno sorgt sich um das Wohl der kleinen Truppe, mit der er den ersten Abschnitt des neuen Wanderwegs Via Algarviana erkunden will. In 14 Etappen – gut 240 Kilometer – schlängelt sich die 2008 eingeweihte Route von Alcoutim an der spanischen Grenze bis zum Cabo de Sao Vicente im äußersten Westen der Algarve.

„Neu“ ist das von der Umweltschutzorganisation Almargem mit Unterstützung lokaler Behörden und der EU auf den Weg gebrachte Projekt aber nur im Sinne seiner Vorreiterfunktion für eine neue Art von Tourismus an der Algarve. Denn die Strecke selbst folgt weitgehend den Pfaden, die Eseltreiber und Schafhirten seit Jahrhunderten nutzen: längs der Bergrücken, durch weite Wiesenlandschaften und enge Schluchten. Die Via Algarviana erschließt vor allem das wildromantische Hinterland der Küstenregion.

Wir aber plaudern mit Nuno noch am Fuß der Burg von Alcoutim und studieren die Karte. „Kaum Steigungen“, beruhigt uns unser Guide, nur knapp 200 Meter messe die höchste Erhebung, die es zu bewältigen gelte. Wir stehen freilich quasi bei null, am Ufer des Rio Guadiana. Die ersten Schritte führen uns auf einen ebenen und tief liegenden Weg, von dem man die Schönheit des Tals, durch den dieser große Fluss fließt, wunderbar erfassen kann. „Schaut“, ruft Nuno immer wieder begeistert, und wir folgen mit unseren Blicken seinem ausgestreckten Arm.

Dann ändert sich die Landschaft; trockene, stille Landstriche mit Mandel-, Feigen- und Olivenbäumen tauchen auf, und wir stapfen durch kleine Dörfer. Auch an dem Megalith von Lavajo kommen wir vorbei, behauenen Steinsäulen, von denen die höchste mehr als drei Meter in die Höhe ragt.

Mit der Ankunft im Dorf Aldeia de Balurcos de Baixo endet unsere Tour. Aber alle sind sich einig: auch die anderen 13 Etappen werden irgendwann in Angriff genommen. Denn auch dort locken immer wieder Stationen, an denen sich Anknüpfungspunkte zur Tradition und zum Leben an der Algarve finden: sei es bei der Herstellung des Aguardente de Medronho, einem Schnaps aus den immergrünen Erdbeerbaumfrüchten, oder an den weiterhin bewirtschafteten Korkplantagen. „Beides wollte ich schon immer mal sehen“, sagt unsere Turnschuh-Dame. „Dafür kauf ich mir sogar Wanderstiefel.“
Rita Henß