Irland

Irland: Irische Mischung

Farbenfroh: Dingle ist das Zentrum der gleichnamigen Halbinsel.

Farbenfroh: Dingle ist das Zentrum der gleichnamigen Halbinsel.

Auf Dingle trifft man auf einen Delfin und frühchristliche Überreste

Hier geht’s zur 800 Jahre alten Kirchenruine. Fotos: ah

Hier geht’s zur 800 Jahre alten Kirchenruine. Fotos: ah

Der Tümmler, um den es unter anderem in dieser Geschichte geht, heißt nicht Flipper, sondern Fungie. Er lebt in den Atlantikgewässern, die die irische Halbinsel Dingle umspülen, und nicht im warmen Golf von Mexiko. Mitte der 1980er Jahre wurde der zahme Fungie erstmals von den örtlichen Fischern entdeckt. Er folgte den Fischerbooten bei ihrer Tour und machte einen freundlichen Eindruck. Bald entwickelte sich eine kleine Tourismusindustrie um den Tümmler: Und so tuckern noch heute täglich Touristenboote aus Dingle, dem Hauptort der gleichnamigen Halbinsel, raus auf das Meer, um den freundlichen Delfin zu treffen – eine bei Familien beliebte Attraktion. Zurück in der Inselkapitale zieht es die Tagesgäste in das Aquarium „Dingle Oceanworld“.

Das 2.000 Einwohner zählende Städtchen, das gälisch An Daingean heißt, liegt an der Südküste der Halbinsel. Die Bewohner des bunten Bilderbuchortes leben vom Tourismus und der Fischerei. Nach Fungie und Aquaworld sollten sich die Besucher eine Ruhepause gönnen. Dafür eignet sich das verschrobene An Café Liteártha in der La Dykegate im Ortskern von Dingle. Nach dem Betreten steht man auf altem, grünem Filzboden und bewundert den bis zur Decke mit Büchern vollgestopften Raum. Vom örtlichen Dingle-Reiseführer auf Französisch bis zur Karl-Marx-Biographie in deutscher Sprache ist alles zu haben. Man muss es in dem Wirrwarr nur finden. Am Ende des Ein-Raum-Buchladens führt ein Durchgang in den nächsten Raum – ein Café mit rustikalen Holzmöbeln und dem Charme einer alten Skihütte: Aufwärmen bei einer Tasse oder auch zwei Tassen Tee und Irish Scones, bevor man mit dem Mietwagen auf der viel zu schmalen N 86 gen Westen aufbricht.

Die rund zehn Kilometer lange Fahrt führt in ein karges Nirgendwo voller Hügel und Buchten, das von zerklüfteten Steilküsten gesäumt wird. An der Westküste der Halbinsel – am Ende Europas – herrscht eine grün-graue Weltuntergangsstimmung. Der Wind umtost das Auto erbarmungslos, bläst die Landkarte weg, die sich mit etwas Not wieder einfangen lässt. Auf den ersten flüchtigen Blick ist diese Gegend von Gott und Mensch verlassen. Auf den zweiten Blick gibt es hier aber auch Leben: Vereinzelte Weiler verstecken sich in der hügeligen und verwinkelten Landschaft, die von der engen und kurvenreichen Landstraße verbunden werden. Der Westen von Dingle ist eine Gaeltacht: eine von sieben Regionen in Irland, wo Gälisch gesprochen wird.

In der Abgeschiedenheit der nördlichsten der Halbinseln der Grafschaft Kerry findet man uralte Menschheitsgeschichte. Aus der Eisenzeit stammen steinerne Bienenkorbhütten, ringförmige Befestigungsanlagen und das wohl bekannteste Überbleibsel namens Gallarus Oratory. Diese frühchristliche Kapelle liegt in der Nähe des Städtchens Kilmalkedar und widerlegt die These der von Gott verlassenen Gegend. Das Bethaus wurde bereits im achten Jahrhundert aus Trockenmauern und fast ohne Mörtel errichtet.

Zwei Kilometer weiter trifft der Besucher auf die Kilmalkedar Church: Hier stehen die Reste einer im Stil der irischen Romantik errichteten Kirche mit schönem Eingangsportal aus dem 12. Jahrhundert. Neben der über 800 Jahre alten Kirchenruine liegt der alte Friedhof mit malerischen Steinkreuzen, der einen famosen Blick auf die Smerwick-Harbour-Bucht bietet, wo irgendwo der neugierige Fungie auf neue Bootsausflügler wartet.
Arne Hübner
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