Deutschland

Bayern: Ruhige Ufer und magisches Grün

Blick vom Weinberghügel auf Schliersee mit der Sankt-Sixtus-Kirche.

Auch wenn Bär Bruno hier sein Leben aushauchte, ist Oberbayern eine beschauliche Region

Mitglieder des Trachtenvereins Schliersee. Fotos: wog

Der Wind spielt mit den Ästen der knorrigen Kastanienbäume. Hier oben, auf dem Weinberghügel, ist der richtige Platz, um zur Ruhe zu kommen. Sitzend unter dem Astwerk auf einer der derben Holzbänke. Im Rücken die bezaubernde Sankt-Georgs-Kapelle, 600 Jahre alt. Und direkt unter sich den glitzernden Schliersee, samt gleichnamigem Ortskern mit Kurpark und der Sankt-Sixtus-Kirche, deren gelber Turm wie ein Wahrzeichen in den Himmel über der oberbayerischen Gebirgslandschaft ragt.

Ja, richtig idyllisch ist es hier oben, obwohl unten, auf dem Terofal-Platz, die Schlierseer Blasmusik nun hörbar zackige Märsche intoniert. Für Einheimische und Gäste, die auch bei kühler Witterung im Biergarten gemütlich zusammensitzen. Dann der Aufmarsch der Trachtengruppe: die Männer mit kurzen Hosen aus Hirsch- oder Gamsleder, die Frauen mit steifen Filzhüten und dem adretten „Miedergwand“ – einer Kombination aus Rock (Kittl) und Janker.

Der Wind kräuselt auch das Wasser auf dem See, streift um die Birken an seinen Gestaden und wiegt sanft das Schilf. An den Kies- und Wiesenstränden sonnen sich Familien und Pärchen. Auf dem Uferweg sind Spaziergänger, Skater und Radler unterwegs.

Viel kleiner ist er zwar und weniger bekannt als der renommierte Tegernsee, doch wer nach 45 Autominuten den Schlierseer Winkel südöstlich von München erreicht, erkennt rasch die Vorteile dieser beschaulichen Urlaubsregion: Der See lässt sich in zwei Stunden zu Fuß umrunden – mit schönen Badeplätzen für die genüssliche Rast. Am Südende wurden rustikale Bootshäuser ins Wasser hineingebaut. Und entlang der abgelegenen Wegstrecke am Westufer ist komplett autofreie Zone.

Vor allem vom östlichen Saum ziehen sich magisch grüne Wiesenhänge in die Höhe. Dort verlaufen Panoramawege mit famosen Tiefblicken über die Schliersee-Insel Wörth und hinüber auf mächtige Bergkuppen.Auch die Spitzingsee-Region, dieser bayerische Klassiker für Sommer- und Wintersportler, liegt vor der Haustür, gehört zur Gemeinde Schliersee. Nahe dort, im so genannten Rotwandgebiet, erschossen Jäger im Juni 2006 nach aufsehenerregender Jagd den Braunbär Bruno, was für viel Wirbel sorgte.

Inzwischen ist wieder Ruhe eingekehrt. Und wer also östlich des Schliersees über die Wiesenhänge bummelt, der kann dort nicht nur schauen, sondern auch prima einkehren: etwa auf der Schliersbergalm, einem Familien-Ferienpark mit Swimmingpool, Sommerrodelbahn und Riesentrampolin. Oder in der Stögeralm, ein wahrlich uriges Plätzchen, wo anerkanntermaßen die besten gegrillten Enten serviert werden.

In Sichtweite zur Stögeralm ruht der große Oberleiten-Hof auf einer Bergkuppe über dem See. Wer bei diesem Anblick an eine Filmkulisse denkt, der liegt genau richtig: Rund um diesen Bauernhof brauste gelegentlich Schauspieler Wolfgang Viereck auf seinem Motorrad – Spielszenen für die TV-Serie „Ein Bayer auf Rügen“.

Hinter dem Westufer sinkt die Sonne langsam auf die Silhouette der Bergketten. Vom Ort Schliersee her klingt noch immer leise die Blasmusik hier herauf – zur Sankt-Georgs-Kapelle auf dem Weinberghügel. Strauß-Walzer spielen sie jetzt. Und der warme Abendwind ist ihr Begleiter.
Wolfgang Gessler