Portugal

Madeira: Ein Seebär und viele Delfine

Vor der Steilküste Madeiras gibt es bei Bootsausflügen Fischschwärme, Delfine und mit etwas Glück auch Wale zu sehen. Foto: Norbert Schmitz/pixelio

Mit einem traditionellen Fischkutter unterwegs vor der Küste

Wie eine exotische Blüte liegt die Ribeira Brava zwischen den modernen Yachten im Sporthafen von Calheta. Rafael Gomes hat den traditionellen Fischkutter drei Jahre lang restauriert und mit moderner Sicherheitstechnik ausgestattet. Nun nimmt der ehemalige Handwerkslehrer, der lange in Deutschland lebte und dort zum Maschinenschlosser umschulte, zahlende Gäste zu Wal- und Delfinbeobachtungen mit an Bord. Zweiter Skipper ist häufig Rafaels deutsche Ehefrau Claudia.

Wir sind eine kleine Gruppe an diesem Nachmittag, und Rafael hilft jedem Einzelnen galant an Bord seines grün-rot-gelb gestrichenen Kutters, auf dem die Fischer einst tagelang lebten, arbeiteten und schliefen. Warum hat er kein modernes Polyesterboot gewählt für seine Geschäftsidee? Unser Kapitän seufzt. „Die Stück für Stück aus Holz zusammengesetzten Fischerboote verschwinden bei uns leider allmählich. Meines ist eines der letzten seiner Art. Wir haben heute vielleicht noch eine Handvoll echter Bootsbauer auf der Insel. Nur zwei davon sind junge Leute. Von den alten wird bald keiner mehr da sein, um sein Wissen weiterzugeben.“

Nun könnte es eigentlich losgehen, aber wir warten noch auf Luis. „Er ist einer der besten Fischer der Insel“, erzählt Rafael. Er sei sein „Meeresvater“, von dem er viel gelernt habe. „Luis ist inzwischen siebzig, aber seine Augen erspähen auf See noch immer das kleinste Detail.“ Eine halbe Stunde später können wir uns persönlich vom Talent des alten Fischers überzeugen. Wir sind inzwischen hinausgetuckert aufs offene Meer und schaukeln irgendwo auf der Höhe von Faja d’Ovelha auf den Wellen. „Da, da hinten“, ruft Luis plötzlich und zeigt mit ausgestrecktem Arm in die Ferne. Wir schauen angestrengt in die von ihm gewiesene Richtung. Aber noch können wir nichts erkennen. Erst als die Ribeira Brava weiter auf den Horizont zugleitet, sehen wir, was Luis entdeckt hat: eine Gruppe Delfine. Alle Passagiere beginnen zu fotografieren.

Mindestens eine halbe Stunde folgen die Delfine unserem Boot. Fast scheint es, als kennten die Tiere Luis und Rafael. Der Kapitän beginnt derweil wieder zu plaudern; über die steilen Klippenlandschaften der Küste und über andere Meeresbewohner. „Vierzig bis sechzig Pärchen der einst vom Aussterben bedrohten Mönchsrobben tummeln sich wieder in unserem Gewässer, seit der Meerwassernationalpark eingerichtet wurde.“ Er, Rafael, habe selbst einige Exemplare der Lobos Marinhos von seinem Ausguck am Boot gesehen. Und Wale? „Na klar!“ Eine Begegnung ist Rafael besonders im Gedächtnis geblieben: „Luis hatte einen Makrelenschwarm geortet, und da die Fische ziemlich an der Oberfläche schwammen, beschlossen wir, einen Eimer voll herauszuholen. Wir drehten also langsam bei, die Gäste stellten sich in Position mit ihren Fotoapparaten – doch in dem Moment, als Luis den Kescher schwang, entdeckten wir, dass ein riesiger Wal die Fische alle im offenen Maul hatte. Das Tier war so dicht am Boot, dass wir es fast anfassen konnten.“

Eine derartige Begegnung ist uns nicht bei unserer Tour vergönnt, wir beobachten aber immer wieder Delfine, Fischschwärme und Möwen, erfreuen uns an Rafaels Geschichten – und hüpfen zum Abschluss der Fahrt für ein Bad in den klaren Atlantik.
Rita Henß
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