Finnland

Helsinki: Heißer Dampf zu jeder Jahreszeit

Die Wochenendhäuser der Finnen sind oft mit Sauna ausgestattet.

In der Hauptstadt lässt sich die Saunakultur der Finnen am eigenen Leib erleben

Auf fünf Millionen Finnen kommen rund zwei Millionen Saunas. Fotos: Helsinki Tourism, Finnish Tourist Board

Wie halbnackte rosa Hühner sitzen sie am Gassenrand: Pertti, Juhann, Tuomas. Zum Abdampfen. Nur ein Handtuch umgeschlungen, auf Plastikstühlen, aber bester Laune, „chillen“ sie vor der Kotiharjun Sauna, Helsinkis wohl letzter öffentlicher Stadtteil-Holzsauna. Sie ist so klein, dass das Abkühlen auf den Gehweg verlegt wird.

Seit 1928 hat sich das urige Gemeinschaftserlebnis im Arbeiterviertel Kallio kaum verändert. Gegen einen kleinen Obolus seift die Waschfrau vom alten Kaliber die dampfende Haut kräftig ab. Zusätzlich fördern sanfte Schläge mit Birkenlaub-Bündeln die Durchblutung. „Mach mal selbst“, fordert die Waschfrau auf – wohlig kribbelt es auf der Haut.

Wer Finnen wirklich kennen lernen will, muss auf jeden Fall mit ihnen in die Sauna. Denn ohne heißen Dampf, mindestens einmal pro Woche, hält es im Norden kein Durchschnittsbürger lange aus. Sauna, das heißt: reinigen, entspannen, plaudern; Familienritual, Freunde treffen und manchmal sogar ein Business-Meeting. Finnische Soldaten bauen ihre Schwitzbäder sogar beim Wüsteneinsatz und auf Schiffen.

Das wahre Helsinki also erleben ?Besucher auch im heißen Luftbad. Doch welches ausprobieren? Das Spektrum reicht von der Firmensauna auf dem Hochhausdach bis zur Rauchsauna am See. Anders als in Deutschland gehen Frauen und Männer getrennt zum Schwitzen – oder als Familie. Das wichtigste Ritual ist der Aufguss, der „Löyly“. Wer an der heißesten Stelle sitzt, darf entscheiden über den nächsten Schwall auf glühende Steine.

„Jeder bleibt drin, so lange er will und kann“, sagt Leena Salonen, die in ihrem Mietshaus eine Gemeinschaftssauna unterm Dach hat. Der Wochenkalender an der Wand verzeichnet fein säuberlich die Saunazeit für jede Mietwohnung. Über deutsche Schilder wie „Kein Schweiß aufs Holz“ lachen die Finnen, bei ihnen werden Handtücher erst nach dem Schwitzgang genutzt. Denn die Hitze selbst wirkt desinfizierend: Bis in die 1930er Jahre kamen finnische Kinder in der Sauna zur Welt, dem hygienischsten Ort weit und breit.

Heute steht er vor allem für Wellness. Im Sommer, schwärmt Leena, zieht es alle in ihr Waldhäuschen, ihre „Mökki“ – natürlich samt Sauna: „Zum Abkühlen geht’s dann direkt in den See.“ Im Winter hackt man für den Sprung ins Nass eben ein Loch ins Eis.

Natürlich bietet auch die Hauptstadt Helsinki genügend „Schwitzkästen“ zum Ausprobieren. Den wohl schönsten Blick über Hafen und Kathedrale liefern Fenster und Balkon der Sauna im Palace Hotel. Am teuersten sind die VIP-Saunas in der Eishockey-Arena mit Sicht auf das Spielfeld. Im Jugendstil sauniert man in Finnlands ältester Schwimmhalle „Yrjönkatu“. Für Gruppen lassen sich Rauch- und Dampfvarianten auf der Insel „Saunasaari“ anmieten, 15 Bootsminuten vor Helsinki.

Und wer nach dem Bummeln eben noch mal schwitzen will, geht ins Café „Tin Tin Tango“: Neben Espresso und Kuchen stehen dort auch Handtücher für die Sauna auf der Karte.

 

Saunavielfalt im Internet
Stadtteil-Sauna Kotiharjun Sauna, www.kotiharjunsauna.fi
Sauna-Insel Saunasaari, www.saunasaari.fi
Sauna Hotel Palace im Palace Hotel, www.palacekamp.fi
Café-Sauna im Café Tin Tin Tango, www.tintintango.info
Jugendstil-Sauna im Yrjönkatu-Schwimmbad, www.hel.fi/liv

Dörte Saße
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