Schweden

Lappland: Samentreffen am Polarkreis

Die Rentierzucht ist das wichtigste Metier der Samen. Foto: gsch

Jokkmokks Wintermarkt ist eine große Touristenattraktion

Mitten in Jokkmokk, ganz in Schwedens Norden, handeln zwei Männer mit umgehängten Bären- und Biberfellen. Auf Skandinaviens ältestem Wintermarkt, der wie immer am ersten Februar-Wochenende stattfindet. Doch was jahrhundertelang nur Treffpunkt der Einheimischen war, ist inzwischen Lapplands größte Touristenattraktion. Spielt das Wetter mit, drängen sich im Schatten des Polarkreises an den drei Markttagen bis zu 70.000 Besucher.

Während des Marktes, weiß man im örtlichen Touristenbüro, verzehnfacht sich die Bevölkerung, ist jedes Bett belegt. Die zwei Stadthotels sind auf Jahre ausgebucht, in Schulen stehen Feldbetten. Hunderte hausen in Liegewagen der Bahn. Aus allen Winkeln der Welt kommen sie inzwischen zum Wintermarkt, um Einblick ins Leben der Samen zu nehmen.

Genau betrachtet sind sie die Indianer Nordeuropas. Ein Nomadenvolk, das an Geister glaubte und auf trommelnde Schamanen hörte. Mit der Kolonialisierung Lapplands, das sie heute Sápmi nennen, wurden die Samen zwangschristianisiert, ihre Sprache verboten, ihre Kultur verdrängt. Zehntausende wurden sesshaft, vertauschten ihre Zelte mit Hütten und Wohnungen. Inzwischen aber haben die Sami ein neues Selbstbewusstsein entwickelt, unterstützt vom schwedischen Staat, der ihre Sprache 2000 erstmals offiziell anerkannt hat.

Die Rentierzucht ist noch immer das wichtigste Metier des alten Nomadenvolkes. Hunderttausende von Tieren halten sie in den umliegenden Wäldern, die heute freilich nicht mehr wie früher auf Skiern mit Hunden zusammengehalten werden, sondern mit Handy und Helikopter. Viele Tonnen bestes Fleisch liefern die Herden der Samen. Schinken vor allem, der umso besser schmeckt, je dünner er geschnitten wird. Die passenden Messer liefert Jokkmokks Wintermarkt, handgeschmiedete Prachtstücke, die schon mal einen Wochenlohn kosten können.

Den besten Einblick in die Welt der Samen liefert das Ajtte-Museum in Jokkmokk. Kunsthandwerk aus Leder und Silber zeigt es, auch Knochen-Schnitzereien sind zu sehen. Und natürlich die Tracht der Samen, die knielangen Röcke aus blauem oder braunem Tuch, besetzt mit gelben oder roten Borten. Talvatis heißt der See vor Jokkmokks Toren. Im Winter ist er zugefroren und verschneit. Der ideale Platz für Schlittenhunde und Elche, die dort Tag für Tag ihre Runden drehen.

Ein paar Minuten nur dauern diese Schnuppertouren, die Lust machen sollen auf mehr. Auf stunden- oder gar tagelange Schlittenwanderungen mit Husky-Hunden. Oder auf eine Snowmobile-Safari durch Laponia, wie die inzwischen unter dem Schutz des Weltkulturerbes stehende Region um Jokkmokk offiziell heißt.Besuchermagnet aber ist und bleibt der Wintermarkt. Thermo-Anoraks und dicke Stiefel sind im Angebot, Rentierfleisch und -würste, ausgestopfte Bären und Vögel, edle Pelzmützen und Fellschuhe. Daneben stapeln sich die Gläser mit Moltebeeren-Marmelade, einer schwedischen Spezialität.

„Ziehen Sie sich warm an“, hatte man uns im Touristenbüro geraten, „schick müssen Sie bei uns nicht sein!“ Denn 30 oder gar 40 Grad Minus sind hier am Polarkreis im Winter keine Seltenheit. Arktische Kälte, die viele Tausend Seen in der Region meterdick zufrieren lässt und den Schnee meterhoch türmt, ist in Jokkmokk von November bis April garantiert.
 

Informationen
Jokkmokk Touristeninformation, Telefon 00 46 / 97 12 22 50, www.turism.jokkmokk.se. Der Markt findet traditionell am ersten Donnerstag, Freitag und Samstag im Februar statt, das Ende markiert ein Feuerwerk. Mehr unter www.jokkmokksmarknad.com.

Günter Schenk
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