Großbritannien

Schlösser und Spukgestalten

Schaurig: In Crathes Castle schaukelt noch heute das Gespenst einer Magd ihr totes Kind in der Wiege.

Schottland: In Aberdeenshire trifft man auf allerlei Gespenster

Malcolm führt Besucher durch das Dunnottar Castle. Fotos: rf

Groß, grau, geschichtsträchtig: Dunnottar Castle thront wie das Nest eines Raubvogels über der Nordsee. Meterhoch fliegt die Gischt gegen den Felsen, den nur ein schmaler Pfad mit dem Festland verbindet. Die ehemals uneinnehmbare Festung sieht gerupft aus. Treppengiebel ragen nackt in den Himmel, Wind und Wetter haben das Gestein zerfressen.

"Das ist der einzige Zugang zur Burg", erklärt Malcolm und zeigt auf ein gut hüfthohes Tor. So niedrig, dass jeder seine Waffen abnehmen musste. Eine Bö bläht seinen karierten Schottenrock, im Strumpf steckt das Sgian Dubh, das traditionelle Messer. Malcolm ist Touristenführer und zeigt Ruinen und Schlösser, die rund um Aberdeen liegen. Aber nicht deshalb trägt er den Kilt, die schottische Tracht. "Ich bin Schotte", sagt der Kenner der alten Gemäuer und Geschichten stolz.

"Nachts hört man die Toten manchmal schreien", erzählt er. Unzählige Male wurden die Mauern angegriffen. Die wohl berühmteste Schlacht schlugen die Schotten gegen die Engländer unter Oliver Cromwell. Der Erzfeind wollte die Kronjuwelen. Der Schatz wurde in Dunnottar aufbewahrt, damals der sicherste Ort in Schottland. "Die Engländer bekamen ihn nicht", grinst Malcolm zufrieden. Heute sind die Kronjuwelen im Edinburgh Castle zu besichtigen.

Eine knappe Autostunde landeinwärts liegt Crathes Castle. Ein Wetterhahn blinkt im Regen und krönt den höchsten Turm. In der Küche wartet ein Huhn, dass die Magd es rupft, im Herd prasselt ein Feuer und im Kamin räuchern dicke Würste. Alles Attrappen, aber täuschend echt. "Spüren Sie etwas?", fragt Steward, der für die Gemächer verantwortlich ist, und öffnet die Tür zu einer Kammer. Vor dem Kamin steht eine Wiege, es ist kalt und zugig. "Beim Umbau entdeckten die Arbeiter unter den Steinen im Fußboden zwei Skelette - eine Frau und ein Baby", erzählt Steward. Die schwangere Magd, die plötzlich verschwunden war. Sie ist mit einem Knecht abgehauen, dachte man, bis die Knochen auftauchten. "Manchmal kommt sie zurück und schaukelt ihr totes Kind", sagt Steward.

Musikalisch hingegen ist der Geist von Braemar Castle, das eine gute Stunde weiter westlich von Crathes liegt. Schaurig schön klingt Dudelsackspiel zu Unzeiten in den Hallen. "Manchmal riecht es nach Tabak", erzählt Peter, der die Führungen macht. Natürlich ist Rauchen überall verboten, das schert den Hausherrn John Farquharson aber wenig. "Er ist unberechenbar und gewalttätig", raunt Peter - und seit Jahrhunderten tot.

Silke Haas