Tschechien

Viel Ehr’, viel Besuch

Malerisch erhebt sich die Altstadt von Cesky Krumlov über der Moldau.

Das historische Städtchen Cesky Krumlov lockt mit einer intakten Altstadt

Schattenspiele an einem historischen Gebäude in der Altstadt. Fotos: jm

17 Bühnenbilder ermöglichen 17 Schauplätze ohne Spielunterbrechung. Im barocken Schlosstheater, dem letzten bespielten seiner Art weltweit, ist die einmalige, im Original erhaltene Bühnenmaschinerie schließlich noch voll funktionstüchtig. Unterhalb des Schlosstheaters in der zweitgrößten Burg Tschechiens (nach der von Prag) finden sich sogar Hunderte von Kulissen und man glaubt sich in einem Historiendrama angesichts der fein restaurierten Fassaden in der von der Moldau umschlossenen Altstadt von Cesky Krumlov.

Einzig die Reklameschilder, so manche Boutiquen und Schnellimbisse sowie die moderne Kleidung der Leute muss man sich wegdenken. Im Vergleich und in der Gesamtheit sieht Rothenburg ob der Tauber gegenüber Cesky Krumlov aber trotzdem wie eine moderne Stadt aus.

Das historische Stadtzentrum ist seit 1992 Weltkulturerbe. Das hatte Folgen. Es gibt kaum noch Einwohner hier, gerade mal 400 sind es. Früher waren es zehnmal so viele im Zentrum. Aber Renovierungen kosten Geld und Prädikate ziehen Besucher an. Das lässt die Mieten steigen. Und schließlich können sich nur noch Hotels, Restaurants und Geschäfte die guten Lagen leisten.

Das gilt für den Marktplatz mit der Mariensäule im Zentrum, aber auch für die unzähligen Gassen, aus denen man immer wieder auf das wunderbare Schloss und die markante Mantelbrücke blicken kann. Was von der Ferne aussieht wie ein Aquädukt wurde 1767 als ein dreigeschossiger Verbindungsgang zwischen Residenz und Theater geschaffen. Die Damen sollten beim abendlichen Gang zum Vergnügen schließlich nicht Wind und Wetter ausgesetzt sein. Aber auch die Pflastergassen, die Türme und Winkel, die Luken und Treppen sowie die filigranen Putzstrukturen zeigen, wie frühere Generationen gebaut, gedacht und gelebt haben: nämlich praktisch - und schön.

Seit der Steinzeit ist die krumme Au - Krumlov heißt Krumau - an der Moldau bewohnt. Im 13. Jahrhundert wurde die erste Burg erbaut und die Stadtrechte ließen nicht lange auf sich warten. Kein Krieg und kein Flächenbrand, nicht einmal die Kommunisten mit möglichen Plattenbausünden hatten im Zentrum von Cesky Krumlov gewütet. Nur der Zahn der Zeit nagte und die politische Wende kam möglicherweise im rechten Augenblick, um vieles vom schon halbweg Zerfallenen retten zu können. Die einmalige Authentizität blieb gewahrt und mit dem denkmalpflegerischen Status darf man sehr zufrieden sein. Immerhin wurden gut 300 Häuser, etwa 90 Prozent der Altstadt, in nur wenigen Jahren komplett restauriert.

Neben der historischen Bausubstanz ist aber auch die Moldau mit ihrer Flussschleife ein Symbol für die Perle im Böhmerwald. Mehr als eine Million Touristen pilgern in das heute insgesamt 14.000 Einwohner zählende Städtchen. Auch um die Moldau, die Mutter aller böhmischen Flüsse, in Krumau noch jung und ungezähmt zu sehen, wie sie die Altstadt auf der Au fast zerdrückt. Ein Bild, das besonders von der Mantelbrücke sehr beeindruckend ist. Und dabei ist es nur eines von so vielen malerischen Bildern, die Cesky Krumlov dem Besucher bietet, ob nun im alten Theater und in der heutigen Realität.
Jochen Müssig
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