Italien

Mehr als Mafia und Mumien

Bei Marsala stehen Windmühlen fotogen zwischen aufgeschichteten Salzbergen.

Sizilien: Im Westen locken die schönsten Tempel und Mosaiken

Romanischer Kreuzgang mit mosaikverzierten Säulen in Monreale. Fotos: aze

Stellt man sich Sizilien als großes Dreieck vor, findet sich im westlichen Teil neben der Inselmetropole Palermo und den besten historischen Stätten auch die noch immer am stärksten arabisch geprägte Region der Insel.

Auf Palermos Straßen herrscht Chaos, grundsätzlich immer. Am schönsten und unbeschwert lässt sich die Inselmetropole an der "Concha d'Oro", der goldenen Bucht, zu Fuß genießen. Seit es gelang, die Mafia einigermaßen im Zaum zu halten, blüht Palermo auf, konnte endlich vieles repariert und restauriert werden - etwa das jahrzehntelang wegen mafioser Intrigen leer stehende Teatro Massimo. Heute gilt das große Opernhaus als Symbol der Anti-Mafia-Bewegung.

Irgendwann stößt man beim Bummeln unweigerlich auf die "Quatro Canti", vier Ecken, genannte Kreuzung mitten im Herzen der Stadt. Fast 400 Jahre beherrschen die mächtigen mit Brunnen, Figuren und Säulen geschmückten Eckhäuser das Zentrum.

Alle Himmelsrichtungen laden von hier zu Entdeckungsstreifzügen ein, denn Palermo steckt voller Kunstschätze und Obskuritäten: Gänsehaut garantieren die Kapuziner-Katakomben mit rund 8.000 mumifizierten und fein eingekleideten Leichen von Mönchen und vornehmen Palermitanern. Im Archäologischen Museum kann man sich schon mal auf die antiken Tempelstätten der Insel einstimmen und im Normannenpalast in der Capella Palatina vor den wunderbaren Goldmosaiken ins Staunen kommen.

In Sachen normannischer Kunst setzt das nahe Monreale noch kräftig eins drauf: Das kleine Städtchen liegt wie auf einem Aussichtsbalkon oberhalb Palermos. Doch seinen Weltruhm verdankt der Ort dem Normannenkönig Wilhelm II., der hier 1174 seinen mächtigen Dom erbauen ließ. Golden schimmert der hohe Innenraum - 6.000 Quadratmeter feinste Mosaiken bedecken Wände und Säulen. Wer vor lauter Bildergucken einen steifen Hals bekommen hat, kann sich ein einem der Cafés oder Trattorien am Platz erholen - um dann gestärkt den umwerfend schönen romanischen Kreuzgang mit seinen mosaikverzierten Säulen zu bewundern.

Dann Agrigent - das Valle dei Templi ist das wohl großartigste, was an griechischen Tempeln erhalten blieb, entsprechend stark ist der Besucherandrang. Macht und Prachtentfaltung herrschten auch in der griechischen Kolonie Selinunte. Die riesigen Ausmaße der Ausgrabensstätte lassen ihre einstige Bedeutung ahnen. Hier könnte man einen ganzen Tag lang durch die Ruinen streifen. Doch als eine der romantischsten antiken Stätten bezaubert Segesta. Der Tempel liegt in fast unwirklich schöner, stiller Bergkulisse am Monte Barbaro. Nie wurde das vom geheimnisvollen Volk der Elymer rund 400 vor Christus erbaute Heiligtum vollendet. Besonders im Frühjahr, wenn unzählige Wildblumen und mannshoher Fenchel blühen, bietet der Tempel ein unvergessliches Bild. Und im nahen griechischen Theater mit Panoramablick aufs Meer gehen heute wieder klassische Dramen über die Bühne.

Als wortwörtlicher Höhepunkt des äußersten Westens thront das mittelalterliche Städtchen Erice 750 Meter über der großen Hafenstadt Trapani. Steile, teils handtuchschmale Gassen ziehen sich bergan zur Burg - vorbei an Torbögen, Kirchen und blumenbunten Innenhöfen. Bequem lässt sich der beliebte Ausflugsort von Trapani mit der Seilbahn erreichen. In Trapani scheint Afrika ganz nahe, legt hier doch auch die große Fähre nach Tunis ab. Und in fernen Zeiten, als die Karthager die Stadt beherrschten, lag die gefürchtete karthagische Flotte im Hafen. Viele der Bewohner haben unverkennbar einen nordafrikanischen Einschlag - und in den Restaurants steht Couscous gleichberechtigt mit Pasta auf der Karte.

Weißlich-türkis leuchten die weiten Wasserflächen der Salinen zwischen Trapani und Marsala. Windmühlen stehen fotogen zwischen den aufgeschichteten Salzbergen. Tipp: Bei einem Gläschen Vino in der Trattoria del Sale beim kleinen Salzmuseum lässt sich zum Sonnenuntergang das Farbenschauspiel auf den Salinen romantisch genießen. Und nicht vergessen - ein Säckchen Salz als würziges Souvenir. Wer es süß mag, kann im nahen Marsala in einer der Kellereien den berühmten Dessertwein verkosten und die Pasta delle Mandorle, ein Mandelgebäck, probieren.
Monika Zeller