Zu Gast im schneereichsten Dorf der Welt
Briefträger Remo Plankl ist stolz darauf, der einzige Postillion auf Skiern in ganz Österreich zu sein. "Ist schon lässig", kommentiert er die tägliche Skitour im Winterhalbjahr, die ihm das Fitness-Studio ersetzt.Damüls ist eine uralte, weit gestreute Walsersiedlung und eine der höchstgelegenen ganzjährig bewohnten Gemeinden Vorarlbergs. Doch nicht nur der Menschenschlag, sondern auch das Wetter ist im Bregenzer Wald speziell. Mit seiner nach Nordwesten hin offenen Lage ist dies die erste Region des Alpenbogens, die sich als gebirgiges Hindernis den Luftmassen entgegenstellt.
In den Tälern entsteht dadurch eine Staulage. Die Wolken öffnen sich und lassen im Winter ihre Last als filigrane Kristalle frei. Damüls ist daher ausgesprochen schneereich. 9,30 Meter flaumweiche Flockenauflage kommen durchschnittlich in einem Winter zusammen, ein Segen in Zeiten des Klimawandels, wo der weiße Stoff immer knapper wird.
"Das Stichwort Schnee ist für Wintersport genauso wichtig wie die Palme für die Karibik", bringt es Pistenchef Werner Bertsch auf den Punkt. Schon 1949 gab es in Damüls den ersten Schlepplift, der Durchbruch als Wintersportort kam 1961 mit dem Bau der Uga-Sesselbahn, deren Trasse später verlängert wurde. Von der Uga-Alpe geht ein weiterer Lift hinauf zum Hohen Licht im Schatten der imposanten Mittagsspitze. Nach Norden hin öffnet sich das Panorama. Dort liegt der Bodensee unter gigantischem Wolkenmeer.
Natürlich gibt es schneereichere Flecken auf der Erde, etwa im Himalaya oder in den Rocky Mountains. Aber eben kein Dorf im Sinn einer eigenständigen Gemeinde, das von Frau Holle so großzügig bedacht wird wie Damüls. Das fiel dem Nürnberger Journalisten Reinhardt Wurzel auf, als dieser von einer "Minus 60 Grad Sibirien-Expedition" zurückkam. Wie Wurzel feststellte, gab es Erfassungen über den kältesten und trockensten Ort der Welt, aber niemand hatte sich die Mühe gemacht, herauszufinden, wo das schneereichste Dorf des Planeten liegt. Wurzel überließ seine Erkenntnisse im Februar 2006 samt schön gestalteter Urkunde gegen Honorar dem kleinen Damüls mit seinen gut 300 Einwohnern und 1.200 Gästebetten, das seither eifrig Werbung macht als "schneereichstes Dorf der Welt".
Dennoch geht es auch heute noch gemütlich zu in dem Familienskiort. Seit der Fusion mit dem benachbarten Melau warten rund 105 leichte bis mittelschwere Pistenkilometer mit baumfreien Hängen zwischen 1.400 und 2.100 Metern Höhe auf Wintersportler. Eine Höhenloipe, jede Menge Winterwanderwege und eine Naturrodelbahn von der Uga-Alpe machen den Winterspaß komplett.
Weil es oft tüchtig schneit, ist die Frage der Einkehr in Damüls sehr wichtig. Doch keine Sorge: Im Skigebiet selbst finden sich allein sieben Hütten und Gasthöfe, die aufgrund der großen Konkurrenz untereinander kulinarisch weit mehr bieten als die sonst üblichen Freeflow-Abfütterungsanlagen. Man kann somit bei Käsknöpfle oder Kuchen das nächste Gestöber in Ruhe abwarten.