Türkei

Felsengräber und geflügelte Pferde

Die in den Fels gehauenen Grabkammern oberhalb von Yakaköy.

Unterwegs auf den Spuren der griechischen Mythologie bei Fethiye

Mittelmeer-Idylle: die Küste bei Fethiye. Fotos: nk

Es ist heiß. Der Reisebus holpert schon eine Weile über die schmalen Straßen der Halbinsel Fethiye in Richtung des kleinen, historischen Örtchens Yakaköy im Landesinneren. Durch die Fenster erhascht man immer wieder einen kurzen Blick auf das türkisblau glitzernde Meer. Wasser gibt es in Fethiye zur Genüge. Besonders im Hafen lohnt sich ein Besuch. Dort riecht es nach Holz, Algen und Farbe. Yachten werden hier aufwändig gebaut oder repariert. Auf ihnen geht es zu den unzähligen Buchten und Inseln vor Fethiye. Bei diesen Touren lassen sich einsame Sandstrände, bewaldete Buchten und Ruinen versunkener Bauten entdecken.

Doch statt in die verlockenden Fluten taucht die kleine Reisegruppe diesmal in die griechische Mythologie ein. Die Felsengräber auf dem Hochplateau oberhalb des kleinen Örtchens Yakaköy sind das Ziel. Hier soll der berühmte Held Bellerophon, der mit dem geflügelten Pferd Pegasus die Chimäre bezwang, begraben sein. Die 3.000 Jahre alten lykischen Felsengräber beeindrucken schon von weitem. Bevor man sie allerdings aus der Nähe betrachten kann, ist noch ein kurzer, steiler Aufstieg notwendig. Das geht nur mit festem Schuhwerk.

"Mit einfachsten Mitteln sind die geräumigen Kammern vor Jahrhunderten in den harten Fels geschlagen worden", erläutert Guide Ahmet. Er kennt das ungläubige Staunen der Touristen. Doch nicht nur die Kammern faszinieren, es finden sich auch zahlreiche Säulen und große Reliefs in der Höhle. "Geht da lieber nicht hinein!", ruft Ahmet einigen Neugierigen zu - neben harmlosen Spinnen hausen im Innern auch giftige Schlangen und Skorpione.

"Lange Zeit galt eines der großen prunkvollen Felsengräber als das Grab des Pegasusreiters", erzählt der Guide weiter. Erst 1970 fanden einige Wissenschaftler heraus, dass auch sie der damaligen Täuschung für eventuelle Grabräuber erlegen waren. Ein kleines, äußerst unscheinbares Felsengrab in der Nähe wurde als das richtige Grab Bellerophons identifiziert.

Natürlich interessiert alle, wie der große Held den Tod fand. "Bellerophon wurde übermütig", ist Ahmets kurze Antwort. Er habe mit dem geflügelten Pferd den Olymp erklimmen wollen, und Zeus soll ihn - dem Mythos nach - daran gehindert haben. Eine von ihm geschickte Bremse stach Pegasus und Bellerophon stürzte. Ein Dornenbusch rettete zwar sein Leben, doch er wurde blind und blieb verkrüppelt. Die Menschen meidend starb er allein und verlassen.

"Und hier wurde er begraben", sagt Ahmet stolz. Über dem Hang verteilt finden sich auch die typischen Sarkophage mit ihren spitzen zulaufenden Deckenplatten, die wie umgedrehte Boote aussehen. Sie lassen einen eher an einen Friedhof denken, als es die imposanten Felsengräber vermögen."Was wurde eigentlich aus dem geflügelten Pferd?", will eine junge Frau aus der Reisegruppe wissen. Angeblich, so weiß Ahmet, kehrte Pegasus nach dem Tod Bellerophons zum Berg Olymp zurück, um den Göttern zu helfen. Später dann soll er in ein Sternenbild verwandelt worden sein.

Automatisch schauen alle hoch zum Himmel. Aber bei strahlendem Sonnenschein ist selbstverständlich kein einziger Stern zu sehen. Ahmet ist schon dabei, die Felsengräber zu umrunden: "Einen besonderen Ausblick habt ihr von ganz oben." Und tatsächlich, am höchsten Punkt des Bergs angekommen, ist nur noch das Pfeifen des Windes zu hören und der Blick schweift weit über die Ebene. Ein Gefühl, als betrachte man die Welt vom Rücken des geflügelten Pferdes aus - hoch über den Wolken ...
Nadine Kühn