Aserbaidschan

Pop mit Potemkin

Ansicht der Bucht von Baku mit der Uferpromenade.

Aserbaidschans Hauptstadt Baku putzt sich für das Finale des Eurovision Song Contests mächtig heraus

In der Nacht beleuchtete Gründerzeit-Villa vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Fotos: hb

Es war einmal ein Ort, den die Perser "bad kube" nannten, "Stadt der Winde". Die Wellen des Kaspischen Meers brandeten an ihre Befestigungen, hinter ihr lagen die schneebedeckten Berge des Kaukasus. Händler, unterwegs auf der Seidenstraße, genossen hier den Schutz des Schahs, der in einem prächtigen Palast residierte. Mit ein wenig Fantasie spürt man in den verwinkelten Gassen der Altstadt Bakus, inzwischen Unesco-Weltkulturerbe, noch einen Hauch dieser vergangenen Zeit.

Jenseits des historischen Zentrums mit seinen Teppichhändlern und Teeverkäufern baut man in der alten "Stadt der Winde" an einer neuen Märchenkulisse. Schon vor hundert Jahren ließen sich Ölbarone hier prächtige Villen errichten und setzten an die Stadtmauer gar ein Kasino wie in Monte Carlo, das heute als Philharmonie dient. Jetzt befeuern die Einnahmen aus den Ölquellen erneut einen Rausch.

"Quasi über Nacht baut man Wolkenkratzer. Aserbaidschan will die Olympischen Spiele 2020 ausrichten. Und auf einer künstlichen Inselkette im Kaspischen Meer soll das höchste Gebäude der Welt entstehen", freut sich Orkhan Alakbarov, der für Hyatt arbeitet. 1995 eröffnete die Hotelkette Aserbaidschans erstes Fünf-Sterne-Haus und legte später mit einem weiteren Haus nach. In Baku spielen nun viele Global Player: Sheraton und Hilton und Kempinski haben eröffnet, Four Seasons und Marriott starten im Mai, Fairmont baut an seinen "Flame Towers".

Baku boomt. Weil im Mai der Eurovision Song Contest ansteht, wird die Stadt aufgehübscht, wo es nur geht. Tausende von Scheinwerfern beleuchten nachts die Gebäude an den wichtigsten Boulevards. Wenn die Häuser trotzdem zu sehr nach Sowjetunion aussehen, kleben Handwerker Sandstein auf die der Straße zugewandte Fassade: Potemkinsche Dörfer.

Das echte Baku findet man als Besucher trotzdem. In verrauchten Bars rockt der halbe Kaukasus - das Nachtleben der Stadt ist legendär. "Aserbaidschan ist eine Republik. Wir haben zwar Iran als Nachbar und sind Moslems. Gefeiert wird hier trotzdem", sagt ein Mädchen im Minirock. Die politische Situation ist weniger schön. Menschenrechtler kritisieren Ministerpräsident Ilham Aliyev und wollen im Mai ein eigenes Musik-Festival organisieren: "Sing for Democracy".

Helge Bendl



Infos
Tickets für den Song Contest gibt es ab 28. Februar (www.eurovision.tv). Besucher mit Karte erhalten ein Visum am Flughafen, alle anderen vorab bei der Botschaft in Berlin (www.botschaft-aserbaidschan.de). Anreise: mit Lufthansa ab Frankfurt, Umsteigeverbindungen beispielsweise mit Austrian und Turkish Airlines. Unterkunft: Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten das Hyatt Regency und das Park Hyatt (ab 170 Euro). Die Regierung hat alle Hotelzimmer für den kompletten Mai geblockt; Buchung für den Zeitraum des Song Contests zentral über www.eurovision.az.