Kroatien

Titos Traumrefugien

Der Kai der Hauptinsel Veli Brijuni.

Der Nationalpark Brijuni-Inseln war einst Treffpunkt der internationalen Prominenz

Antike Reste aus der Römerzeit und der Epoche von Byzanz kann man im Castrum besichtigen. Fotos: cd

Schon am Anleger des kleinen Fischerdorfes wird klar, dass gegenüber nicht einfach irgendeine Inselgruppe liegt. Bis der Dampfer ablegt, vertreibt man sich die Zeit vor der Infotafel mit den historischen Fotos: Tito mit Indira Gandhi. Tito mit dem noch jugend?frischen Gaddafi. Willy Brandt, der Tito Feuer gibt.

Die Großen der Welt schifften sich hier ein, um von Tito empfangen zu werden. Die Brijuni-Inseln (auf italienisch Brioni-Inseln) gelten als einer der schönsten Archipele des Mittelmeeres. 14 Eilande ragen aus dem Blau der kroatischen Adria auf. 1983 wurden sie zum Nationalpark erklärt. Ihre touristische Geschichte reicht bis in die Zeit der Belle Époque zurück.

1893 erwirbt der österreichische Industrielle Paul Kupelwieser die unbewohnten Inseln. Er rottet mithilfe von Robert Koch die Malaria auf dem Archipel aus, baut Hotels, ein Strandbad und ein Winterschwimmbad. Bis zum ersten Weltkrieg fungiert das Inselidyll als exklusiver Treffpunkt der Reichen und Schönen. Karl Kupelwieser setzt in der Zwischenkriegszeit des Werk des verstorbenen Vaters fort. Ein Poloplatz sowie der erste 18-Loch-Golfplatz Europas werden angelegt. Doch die große Wirtschaftsdepression lässt den Entrepreneur pleite gehen, der sich daraufhin erschießt.

Im zweiten Weltkrieg wird Brijuni bombardiert, weil die Alliierten hier einen deutschen Stützpunkt vermuten. Ab 1947 aber zieht neuer Glanz im Archipel ein. Der jugoslawische Staats- und Parteichef Tito baut die Inselgruppe zur Sommerresidenz aus. Auf dem kleinen Vanga-Eiland zieht er sich ins Private zurück. Auf der Hauptinsel Veli Brijuni fährt er im Cadillac spazieren, empfängt Staatsgäste und Hollywood-Stars und lässt einen Safaripark einrichten. Indira Gandhi spendiert zwei Elefanten. Sony, der Bulle, starb im Frühjahr 2010, doch Lanka lebt als "Witwe" weiter. Außerdem streifen noch immer Gazellen, Strauße, Zebras und weiteres Getier durch den riesigen Wildpark.

Nur die Hauptinsel lässt sich besichtigen. Man darf sich nicht frei bewegen, sondern ist mit einem kleinen touristischen Zug unterwegs. Doch der Ausflug lohnt sich allemal. Fast 700 Pflanzenarten, von denen viele nur hier vorkommen, beeindrucken die Besucher. Erdbeerbäume und Eukalyptus finden sich ebenso wie Myrten, Mastix und Mammutbäume sowie Zedern, und Zypressen. Sehenswert sind auch die antiken Reste aus der Römerzeit und der Epoche von Byzanz.

Wer Brijuni intensiver erleben und sich hier frei bewegen will, muss auf der Hauptinsel übernachten. Noch immer nämlich kann man sich auf Brijuni einmieten - in den beiden Hotels Neptun-Istra und Karmen sowie in drei Luxusvillen. Doch sämtliche Häuser sind renovierungsbedürftig. Immer wieder hat es in den vergangenen Jahren große Pläne gegeben, auf Brijuni zu investieren und hier eine neue exklusive Luxusdestination zu schaffen. Bislang ist nichts entschieden und auf Brijuni scheint die Zeit wortwörtlich still zu stehen. Umweltschützern ist es recht so. Die größte Attraktion bleibt so bislang Gelbhaubenkakadu Koki, der noch immer so husten und lachen kann wie einst sein Besitzer Tito.

Claudia Diemar
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