Kroatien

Unterwegs auf der Parenzana

Paradies für Radfahrer: die ehemalige Bahnstrecke „Parenzana“ in Istrien. Foto: pj

Die Halbinsel Istrien lässt sich gut per Fahrrad entdecken

Grobes Geröll knirscht unter den Reifen des Mountainbikes, der Fahrtwind bläst heiß ins Gesicht. Zum Glück lässt ein leichtes Gefälle die Tour auch bei über 30 Grad im Schatten nicht zu einer Übung in Extremsport ausarten - es ist Anfang Juli in Istrien. "Die Fahrradhochsaison ist im April, Mai und September", sagt Dalibor Rudan von Fiore Tours, einem lokalen Spezialisten für Rad- und Sportreisen.

Die hügelige Halbinsel ist kulturell geprägt durch römische, venezianische und österreichische Herrschaft. Als "schlafende Schönheit" wird Istrien schon seit einiger Zeit in einem Atemzug mit der Toskana genannt. Zu Recht, denn abseits der lebhaften Westküste mit den touristischen Badezentren Porec, Rovinj und Umag gibt es wahre Juwelen zu entdecken. Idealerweise mit dem Fahrrad: Auf allein 60 eingetragenen Radwegen geht es meist querfeldein und auf autofreien Pisten durch grüne Täler und lichte Laubwälder.

Eine besonders reizvolle Möglichkeit, sich diese vielfältige Landschaft per Rad zu erschließen, bietet die "Parenzana": Die nach dem italienischen Namen für Porec (Parenzo) benannte Ex-Bahnstrecke diente den Österreichern einst als Transportroute für Agrarprodukte der fruchtbaren Region. Längst wurden die Gleise der bis 1935 genutzten Bahn entfernt. Geblieben ist eine Route für stille Genießer.

Wir testen eine der schönsten Etappen zwischen dem Künstlerstädtchen Groznjan und dem ebenfalls auf einem Hügel gelegenen mittelalterlichen Motovun in Zentralistrien: Dort geht es durch die alten Bahntunnel und über die steinernen Viadukte aus der Habsburger-Epoche über Stock und Stein. Tourguide Bojan lobt die Errungenschaften der damaligen Ingenieure, die Weltkriege und den Sozialismus der Tito-Ära in Ex-Jugoslawien überdauerten. Der wildromantische Abschnitt ist durchgehend asphaltfrei. Mal führt er durch schattige Wälder, dann bieten sich wieder Ausblicke über das weite Mirnatal. Pinienduft und Zikaden-Konzerte gibt es als Untermalung gratis.

Die mehr als 110 Kilometer lange Parenzana verläuft noch heute vom italienischen Triest im Norden bis an die Adria bei Porec. Ab der slowenisch-kroatischen Grenze schlängelt sie sich quer durchs ursprüngliche istrische Hinterland. Insgesamt zwölf ehemalige Stationen der alten Schmalspurbahn liegen auf der Strecke. Man kann sie auch ohne Topkondition in zwei bis drei Tagen mit dem Mountainbike bewältigen - entweder auf einer individuellen oder einer geführten Radrundreise. Für das von uns befahrene Teilstück der "Parenzana" sind nur zwei bis drei Stunden nötig.

Wem das alles aber zu wenig ist, dem bietet die 330 Kilometer lange "Tour d´Istria", die von Porec bis zur istrischen Ostküste am Kvarner Golf und von dort in das historische Pula am Südzipfel Istriens führt, das maximale Erlebnis: In einer Woche lernt man die schönsten Seiten der abwechslungsreichen Landschaft kennen.
Peter Jaitner
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