Österreich

Hinauf zur Pyramidenspitze

Blick vom Thierberg über das Inntal Richtung Osten.

Tirol: Eine erlebnisreiche Winterwanderung im Zahmen Kaiser

Mit Schneeschuhen durch die Berge. Fotos: wog

Auf einem Felssporn hoch oberhalb von Kufstein lugt die Thierberg-Kapelle aus dem ruhigen Winterwald hervor. Und wer hier oben, an der deutschösterreichischen Grenze, verweilt, genießt eine respektable Aussicht: über Kufstein und das Inntal hinüber auf die Höhen und imposanten Felsaufbauten von Zahmem und Wildem Kaiser. Dort verläuft der tief verschneite Pfad, der hinaufführt bis zur Pyramidenspitze.

Dieser Gipfel im Zahmen Kaiser ist Ziel unserer winterlichen Schneeschuhtour, die am Ortsrand von Kufstein beginnt. Beim Aufstieg grüßt von unten bald die Kufsteiner Festung aus dem Inntal herauf, wir haben die dicken Jacken inzwischen ausgezogen, und unsere Atemwolken kondensieren in der klaren Winterluft Wir stapfen - noch ohne Schneeschuhe - jetzt schon bis zu den Knöcheln im Schnee, passieren die bewirtschaftete Ritzau-Alm und tauchen wenig später wieder ein in die überzuckerte Baumlandschaft: ein Szenario wie gemalt, Natur in Kälte erstarrt, totenstill aber nicht leblos.

Als wir die Vorderkaiserfeldenhütte erreichen, knacken dort schon die Holzscheite im Feuer. Rings um den großen Kachelofen wärmen sich andere Winterwanderer auf. Für sie ist diese Hütte bereits der Endpunkt ihrer Tour. Wir aber schlürfen nur unsere Backerbsensuppen und schauen zu, dass wir wieder Land gewinnen. Denn noch trennen uns mehr als 600 Aufstiegsmeter vom Gipfel der Pyramidenspitze. Der Weg wird nun beschwerlicher, das wissen wir. Und vor allem: Ein Wintertag ist kurz.

Direkt hinter der Hütte wird das Gelände steiler. Beim Aufstieg vorbei an Naunspitze und Petersköpfl sacken wir schon bedenklich tief ins weiße Pulver ein. Es ist nun höchste Zeit, die Schneeschuhe auszupacken. Sie hinterlassen gitterförmige Abdrücke auf dem verschneiten Hochplateau, das wir mittlerweile erreicht haben. Es ist eine bezaubernde Landschaft, scheinbar unberührt, weiß glitzernd im Sonnenlicht. In der Ferne huscht ein Gamsrudel über einen Steilhang.

Wir gehen, nein: wir gleiten dahin, still, in Gedanken versunken. Leicht säuselt der Wind in den Spitzen der Latschen, die aus der dicken Schneedecke hervorschauen. Wir sind ganz alleine unterwegs. Suchen unsere ?eigene Spur durch Senken und entlang breiter Grate.

Einen steilen Aufschwung müssen wir uns noch hinaufmühen, stapfen oben über einen breiten Grat, steigen steil über einige Felsen ab - wobei wir die Schneeschuhe kurz ausziehen - und sehen bald darauf den Gipfel der Pyramidenspitze schon nahe vor uns.Minuten später lehnen wir am Gipfelkreuz. Vor unseren Augen spannt sich grandios der winterliche Alpenbogen: von den Zillertaler Alpen bis zum Wendelstein. Dann der Blick hinüber zum Wilden Kaiser: Felstürme und Grate, Zacken und verschneite Überhänge reihen sich dort aneinander. Es ist ein Alpen-Szenario der Extraklasse.
Wolfgang Gessler
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