Lettland

Richtig gut essen in Riga

Blick von der Petrikirche auf Riga.

Lettischer Lifestyle und köstliche Küche im „Paris des Nordens“

Der Rigaer Zentralmarkt ist der bekannteste Lebensmittelmarkt im Baltikum. Fotos: cd

Eine kühle Brise weht von der nahen Ostsee und der noch näheren Daugava, wo die Eisangler im Winter wie Pinguine dem Frost trotzen. Die Markthallen liegen nur einen Steinwurf vom Fluss entfernt. Eine ganze riesige Halle ist allein für Fisch und Meeresfrüchte reserviert: Fangfrischer baltischer Lachs, Neunaugen und Schollen, eingelegte Rollmöpse, getrockneter Kabeljau und geräucherte Aale, Makrelen und Sprotten.

Der Rigaer Zentralmarkt ist der bekannteste Lebensmittelmarkt des Baltikums und einer der größten in Europa. Seine Architektur spielt mit Elementen von Jugendstil, Art Déco und Bauhaus. Fast 50.000 Quadratmeter umfasst der "Bauch Rigas" mit seinen fünf gigantischen, mehr als dreißig Meter hohen Hallen.

Die Rigaer lieben ihren Markt. So sehr, dass sein ohnehin immenses Angebot sogar nach draußen wuchert, wo an weiteren Ständen verkauft wird, was Acker, Wald und Wiesen hergeben. Getrocknete Pilze und goldglänzender Honig zum Beispiel, der für die Schönheit der lettischen Frauen verantwortlich sein soll. Weil sie ihre Haut damit pflegen. Man kann den Bienenhonig natürlich auch aufs Brot streichen, auf das tiefdunkle, kümmelgewürzte lettische Roggenbrot, das schon von sich aus ein wenig süß schmeckt.

"Paris des Nordens" wird Riga genannt, aber es ist viel grüner als die Stadt an der Seine. Nach Riga fährt man wegen der herrlich restaurierten Hanse-Architektur, vielleicht auch wegen der mehr als achthundert prachtvollen Jugendstilgebäude. Die Stadt ist ein Amalgam aus hanseatischer Noblesse, skandinavischer Lebensart und einem Schuss östlicher Melancholie.

Nun hat sich Riga in den Kopf gesetzt, die kulinarische Hauptstadt des Baltikums zu werden. Die Slowfood- und Biobewegung hat sich hier schon lange etabliert. Seit 2012 ist Riga Mitglied von "Délice", einer internationalen Vereinigung von Städten, die ein erstklassiges kulinarisches Angebot anstreben. Weil die lettische Sprache nicht eben weit verbreitet in der Welt ist, wird der Slogan dazu auf Englisch ausgegeben: "delightfully delicious destination". Damit hat man den Mund voll genommen, aber nicht mit hohlen Worten. Es gibt in Riga eine Menge zeitgenössisch elegant eingerichteter Restaurants mit herausragender Küche: Stillleben aus essbaren kleinen Kunstwerken, die regional und saisonal inspiriert sind.

Das Kalku Varti mitten in der Altstadt etwa mit trendig-lettischem Interieur. Chef Raimonds Zommers serviert Köstlichkeiten wie hauchdünn gehobelte Gurke mit Rote-Bete-Kaviar an einheimischem Ziegenkäse. Oder Spargel mit Schnecken und Rhabarbersalat. Oder ein Duo von perfektem Rinderfilet und köstlichen Riesenkrabben. Auch in der Biblioteka Nr. 1 mit Blick in den Wöhrmann'schen Garten speist man feinste lettische Nouvelle Cuisine. Das Interieur sieht aus wie aus einem Wohndesign-Magazin.

In solchen Adressen ist man mit Vorspeisen ab acht Euro und Hauptgängen ab zehn Euro dabei. In der ersten Liga, wo es etwas teurer wird, spielen Restaurants wie Columbine, Pinot und das Vincents. Einfach und gut geht es sowieso an vielen Adressen. Im Garaza zum Beispiel, wo es russisch inspirierte Pelmeni zu einheimischem Bier gibt. Es macht also nichts, wenn im Winterhalbjahr die Tage kurz ausfallen. Dann hat man Zeit, ganze Abende lang zu tafeln.
Claudia Diemar
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