Deutschland

Romantikreise gegen den Strom

Sehnsuchtsziel von Japanern und Amerikanern: Rothenburg ob der Tauber. Foto: aze

Durch das liebliche Taubertal von Wertheim nach Rothenburg

Den schönsten Blick auf Wertheim bietet die mächtige Festung hoch über der Stadt: tief unten fließt der Main und nimmt, man sieht es gut, das dunkle Wasser der Tauber in sich auf. Hier oben hat sicher auch schon Otto Modersohn gestanden, als er mit seinen Malerfreunden 1916 die Zwei-Flüsse-Stadt als Quelle der Inspiration entdeckte. So kommt es, dass im Otto-Modersohn-Kabinett des Grafschaftsmuseums eine der bedeutendsten Sammlungen des Begründers der Worpsweder Malerkolonie zu bewundern ist.

Und malerisch ist Wertheim mit seinen Türmen, Toren und verwinkelten Gassen noch immer. Kulinarisch empfehlen sich regionale Spezialitäten: Main-Aal, Bierbraten oder Grünkernrisotto, dazu ein Viertel Wertheimer Tauberklinge. Da wären wir schon beim Wein - im Taubertal ein ständiger Begleiter, und im fränkischen Teil der Region darf der Wein noch heute nach altem Recht in Boxbeutel abgefüllt werden.

Die Tauber, das "dunkle Wasser", wurde schon immer auch als geheimnisvoller Fluss angesehen, in dem Wassergeister unter Brücken hausen. Auch über dem weinlaubumrankten Kloster Bronnbach liegt eine verwunschene Stimmung, obwohl nach langjährigen Restaurierungen weltliches Leben in das ehemalige Zisterzienserkloster einzog. Bei den jährlichen "Bronnbacher Kultouren" kann das Publikum bei Konzerten und Kunstausstellungen den Zauber der schönen Anlage genießen.

Weiter geht es flussaufwärts vorbei an der Kaderschmiede des Fechtsports Tauberbischofsheim direkt nach Gerlachsheim mit der schönen alten Bogenbrücke. Wohl kaum eine Brücke im Taubergrund, die nicht von einem heiligen Nepomuk bewacht würde. Spätestens in der Weinstadt Lauda-Königshofen sollte man sich diesem süffigen Thema einmal intensiv widmen und ein Weingut besuchen.

Auf den Muschelkalkböden der eher trockenen Region gedeihen elegante Weine in großer Artenvielfalt. Nur hier wächst der Tauberschwarz, eine uralte Rebsorte der Region. So nah an der Quelle bietet sich eine Weinverkostung an - oder eine der Veranstaltungen rund um den Wein. Als höchst gesundes Kontrastprogramm könnte man die Bad Mergentheimer Salzquellen durchprobieren. "Wilhelm" lässt sich noch ganz gut trinken, aber um "Albert" oder "Karl" zu ertragen, muss man schon ernsthaft kuren wollen. Und darauf ist die alte Reichsstadt, die lange Sitz des Deutschen Ritterordens war, ja bestens eingestellt, gehört sie doch zu den großen Heilbädern Deutschlands. Duodez-Charme versprüht dagegen das alte Residenzstädtchen Weikersheim mit seinem schnuckeligen Marktplatz.

Auf der Fahrt Richtung Creglingen noch ein kurzer Stopp im bescheidenen Tauberrettersheim: Hier überspannt eine der schönsten alten Tauberbrücken den Fluss - dazu die einzige noch erhaltene des berühmten Baumeisters Balthasar Neumann. Und als künstlerischen Höhepunkt birgt die Herrgottskirche bei Creglingen den wunderbaren Marienaltar von Tilman Riemenschneider.

Bald nähert sich unsere Reise gegen den Strom ihrem Ende. Kleine Dörfer mit trutzigen Wehrkirchen liegen am Weg - und dann taucht am Hügelrand die Silhouette von Rothenburg ob der Tauber auf, Inbegriff einer romantischen mittelalterlichen Stadt und Sehnsuchtsziel zahlloser Japaner und Amerikaner. Verständlich, denn die Gassen und Straßen mit den prachtvollen Palästen, Kirchen und Stadttoren, dazu dieser Blick ins Taubertal - das ist einfach umwerfend schön.
Monika Zeller
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