Polen

Metropole im Aufbruch

Detailgetreu wieder aufgebaut: Die Warschauer Altstadt zählt zum Unesco-Weltkulturerbe.

Das Jüdische Museum in Warschau will verbinden  

Im kommenden Frühjahr wird das Jüdische Museum eröffnet. Fotos: sw

Warschau im Jahr 2013 ist eine Metropole mit pulsierender Atmosphäre und Aufbruchsstimmung. Als Städteziel profitiert die polnische Hauptstadt von Polens EU-Ratsvorsitz und der Fußball-EM im vergangenen Jahr. Hotelneubauten internationaler Ketten und der laut Hotelpreisindex (HPI) von Hotels.com "günstigste Fünf-Sterne-Komfort weltweit" machen die Stadt attraktiv. Auch die Anbindung von 18 wöchentlichen Air-Berlin-Flügen über Berlin pusht die Besucherzahlen.

Warschau ist lebendige Universitätsstadt mit Glanz und einer Geschichte, die tiefe Spuren hinterlassen hat. Behutsam, doch eindringlich werden Besucher auf die Spuren jüdischen Lebens aufmerksam gemacht. Im 70. Jahr des Ghetto-Aufstands hat sich Warschau mit dem Bau des Jüdischen Museum (www.jewishmuseum.org.pl) ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen, das im Mai 2014 eröffnet wird.

Der finnische Architekt hat für die Geschichte der polnischen Juden einen Bau erdacht, der "schlicht, transparent, lichtdurchflutet und einladend" ist, sagt Barbara Kirshenblatt-Gimblett. "Das Museum will nicht die Tragik des Holocaust symbolisieren, sondern Brücken schlagen", so die Kuratorin weiter.

Die Metropole besitzt viele Parks und gepflegte Grünanlagen, in denen sonntags kostenfreie Chopin-Konzerte veranstaltet werden. Bauten zwischen Sozialismus und gläserner Avantgarde, von Verfall bis Bauboom prägen eine kontrastreiche Silhouette. Stararchitekten wie Sir Norman Foster und Daniel Libeskind, der die Ausschreibung für das neue World Trade Center in New York gewonnen hat, drücken Warschau ihre Stempel auf. Als ruhender Pol trotzt der 240 Meter hohe denkmalgeschützte Kulturpalast im sowjetischen Zuckerbäcker-Stil dem Wandel und fügt sich doch in das neue Stadtbild ein.

Boulevards, die Pracht und Paraden erlebt haben, große und kleine Plätze mit schattigen Bäumen und Springbrunnen, in denen Einheimische und Touristen Füße baumeln lassen, und die wilde Weichsel gehören zu Warschau. Der Fluss teilt die Stadt in zwei Hälften mit eigenem Charakter: die eine Hälfte mit einer derart gut wiederaufgebauten Altstadt, dass sie von der Unesco als Weltkulturerbe geadelt wurde. Und den Stadtteil Praga. Dieser ist weniger herrschaftlich, aber stolz auf seine Wurzeln und seinen multikulturellen Charme gleichermaßen.

In Praga siedelt sich die Szene an und setzt kreative Signale von Spraykunst auf Brückenpfeilern über ein Kunst- und Kulturprojekt in der ehemaligen Wodka-Fabrik Koneser. Oder in der durch Designer wiederbelebten Industriebrache Soho Factory mit Geschäften, Eigentumswohnungen und Zeitgeist-Restaurant.

Mateusz Gessler, jüngster Spross der zerstrittenen Warschauer Gastronomiedynastie, hat hier gerade sein Restaurant Warszawa Wschodnia erfolgreich an den Start gebracht. Gastronomieerlebnisse sind bei Warschauern gefragt. Das bestätigt auch die erfolgreiche Molekularküche des Küchenchefs im Westin Grand Hotel. Und das ehrwürdige Bristol Hotel neben dem Präsidentenpalast hat sich eine intensive Renovierung gegönnt und die Weinbar Advinture eröffnet.
Sabine Neumann
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