Türkei

Boomtown Bodrum

Auf der Terrasse des Hotels kann man in aller Ruhe den ‧Sonnenuntergang beobachten.

Wie aus einer Mördergeschichte eine Erfolgsstory wurde

Vor dem Mandarin Oriental in Bodrum kreuzen zahlreiche edle Yachten. Fotos: jm

Das Klatschen der Masseurshände auf den Rücken von Mehmed aus Istanbul läutet das Finale des Hamam-Rituals im neuen Mandarin Oriental ein. Der Geschäftsmann hat eine der 196 Villen gekauft, die die Außenansicht des Hotels prägen. Bis auf sechs haben alle Residenzen schon neue Besitzer gefunden. Etwa sechs Millionen Euro bezahlten vorwiegend reiche Türken für ihren neuen Feriensitz.

„Bodrum hat in den letzten fünf Jahren einen Riesensprung gemacht“, sagt Mehmed. „Vor zehn Jahren gab’s hier nur das Kempinski Barbaros Bay, und jetzt ...“

Ja, jetzt ist das Kempinski, der Luxuspionier der Gegend, in bester Gesellschaft: Das Aman kam, das Golden Savoy mit seiner 725 Quadratmeter großen Golden Palace Villa für 44.000 Euro pro Nacht und zuletzt das Mandarin Oriental. Four Seasons befindet sich noch in Gesprächen.

Bodrum boomt im oberen Segment. Das bestätigt auch Deutschlands führender Luxusreiseveranstalter Airtours, der sich besonders aufgrund des neuen Mandarin Oriental mehr in der Gegend engagieren will. Aber wahrscheinlich würde es all die Luxushotels gar nicht geben – oder zumindest hätten sie nicht das ganze Jahr über geöffnet – wenn es nicht die vielen Residenzen gäbe. Womit wir wieder bei Mehmed wären.

Er erzählt die Geschichte des „Fischers von Halikarnassos“, wie Bodrum in der Antike hieß. „Der türkische Dichter Cevat Sakir Kabaagacli wurde 1927 wegen eines mutmaßlichen Mordes nach seiner Gefängnisstrafe noch für drei Jahre ins Exil nach Bodrum geschickt. Und der Mann blieb freiwillig, 25 Jahre lang! Aufgrund der leidenschaftlichen Beschreibungen seines Exilortes ‧begann die Istanbuler Oberschicht schon bald in Scharen nach Bodrum zu reisen. So erklären sich bis heute die zahlreichen Ferienhäuser.“

Inzwischen macht neben der türkischen Schickeria auch der internationale Jetset gerne Urlaub im türkischen Marbella-St. Tropez-Portofino. Drei Marinas halten die Yachties bei Laune. Die Palmarina, erst vor zwei Jahren eröffnet, war sogar der erste Yachthafen, der ausschließlich für Megayachten gebaut wurde. Allein die Abramowitsch-Yacht Eclipse legte im Sommer dreimal an. Sie ist übrigens 163 Meter lang und kostet inklusive 70 Mann Crew 1,4 Millionen Euro Miete pro Woche.

Flavio Briatores Billionaires Club darf bei solcher Kundschaft natürlich auch nicht fehlen, ebenso wenig zahlreiche neue Luxusrestaurants, vom Cipriani bis zum Nebu, sowie Boutiquen aller Toplabels. Und im Palmarina-Büro von Engels & Völkers, einem der führenden Immobilienmakler weltweit, wundert es nicht, dass auch Yachten im Angebot sind.

Die Voraussetzungen für Bodrum – knapp 40.000 Einwohner, rund 700.000 Gäste pro Jahr – sind gut: Es gibt keine Industrie, dafür 174 Kilometer Küste, die Möglichkeit zum Baden im Meer von Ende April bis Ende Oktober, ein reges Nachtleben – und inzwischen viel Geld.
Jochen Müssig
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