Türkei

Einfach mal blaumachen

Warum nicht? Wäsche trocknen im Hafen von Marmaris. Foto: cd

Blaue Reise: Mit dem Motorsegler entlang der lykischen Küste

Bei Tagesanbruch irrlichtert der Ruf des Muezzins der nahen Moschee durch die Träume. Gott ist groß und das Meer vor Fethiye ist weit und blau. Gestern Abend haben die Passagiere die Kabinen auf dem Motorsegler Northwind bezogen. Jetzt sitzen sie beim Frühstück an Deck mit Schafskäse, Honig, Oliven, Tomaten und Gurken. Kurz darauf beginnt der Törn entlang der lykischen Küste. 

Am Heck flattert die rote Fahne mit Halbmond und Stern. Der Rest der Szenerie aber ist eine Sinfonie in Blau: der Himmel gleißt in strahlendem Azur, die See leuchtet in sattem Ultramarin und an Deck warten kobaltblaue Ruhepolster auf den Passagier, der sich wie ein Pascha fühlen darf. Auf dem Sonnendeck ist das Wummern der 460 PS nur noch entfernt zu hören. Sanft wiegt das Schiff die Sonnenanbeter hin und her. Binnen Stunden verfällt man in wohlige Trägheit.

Tiefenentspannt auf der Gulet

Die Blaue Reise ist ein Klassiker im touristischen Angebot der Türkei. Die gesamte Küste zwischen Izmir und Antalya eignet sich für eine wortwörtliche Fahrt ins Blaue. Unterwegs ist man in traditionellen Gulets, einem behäbigen Bootstyp, auf dem zuweilen Segel gesetzt werden, zumeist aber ein Dieselmotor für den Antrieb sorgt. 

Zehn Gäste sind bei dieser Tour an Bord. Alle haben vorher Bedenken gehabt, mit wildfremden Menschen das beengte Leben an Bord zu teilen. Aber die tiefenentspannte Form des Reisens macht gelassen und tolerant. Es ist ein Glück, diese Bummelei in Blau gemeinsam erleben zu dürfen. 

Pausen zum Schwimmen und Schnorcheln gibt es ständig. Zig Buchten warten darauf, dass der Anker geworfen wird. Der Weg ist das Ziel, der Augenblick allein zählt.

Schlummern unterm Sternenhimmel

Zur blauen Stunde laufen wir im Golf von Göcek ein. In der Ferne leuchten Schneekappen auf den Gipfeln des Taurusgebirges im letzten Licht. Kapitän Yüksel legt Goldbrassen auf den Grill. Wer will, bettet sich später auf den bequemen Matratzen an Deck zur Ruhe und schaut in die Sterne, bis ihm die Augen zufallen.

Am nächsten Tag wartet das Delta des Dalyan-Flusses. Das von Kanälen durchzogene Schilfgebiet gibt vielen seltenen Vogelarten eine Heimat. Die Karettschildkröte legt an dem fünf Kilometer langen Sandstrand im Sommer ihre Eier ab. Ein Stück weiter paddeln Nilschildkröten im Fluss. Touristen können lykische Felsengräber oder die antike Stadt Kaunos mit ihrem riesigen Theater entdecken.

Ankern in der Traumbucht

Zum Abschluss der Tour werden wir zum vierten Mal von Delfinen begleitet. Die See ist ruhiger geworden, aber der Wind weht frisch. Genau die richtige Brise, um noch einmal Segel zu setzen. Am Nachmittag ankern wir vor Ölüdeniz, der lykischen Traumbucht schlechthin. Als lang gekrümmte Landzunge schiebt sich der Strand ins Meer, das Wasser dahinter ist still wie ein Waldsee. 

„Güle güle“, verabschiedet uns Kapitän Yüksel nach einer letzten Nacht in Fethiye. Das heißt wörtlich „Lächle, lächle!“ und ist doch nur ein schwacher Trost, dass man sein Boot verlassen muss. 

Gulet-Fahrten sind bei allen großen Veranstaltern im Programm. Zu den kleineren Spezialisten gehört unter anderem Sun & Sea Travel. 

Claudia Diemar
Anzeige