Schweiz

Interlaken: Chinesen auf dickem Eis

Panoramablick vom Jungfraujoch auf den Jungfraugipfel

Die Fahrt von Interlaken aufs Jungfraujoch ist spektakulär

Fernöstliche Begleiter auf 3.500 Metern Höhe: Die Bergstation auf dem Jungfraujoch ist ein beliebtes Ausflugsziel. Fotos: cp

Atemberaubende Schönheit und gnadenlose Naturgewalt liegen in den Alpen des Berner Oberlands nah beieinander. Bestes Beispiel: das Jungfraujoch. Wer auf Europas höchstgelegenen Bahnhof zwischen Eiger, Mönch und Jungfrau will, muss 3.454 Meter hinauf. 

Die Reise beginnt unten im Tal, in Interlaken. Das einstige Bauerndorf hat sich längst zu einem mondänen Basislager für die touristische Hautevolee entwickelt. Bis zur Jahrtausendwende waren es zumeist europäische Besucher, die von Interlaken aus auf die Berge stiegen oder auf dem Thuner und dem Brienzer See Schiffchen fuhren. Mittlerweile machen vor allem neureiche Chinesen, Araber und Inder Station in der Stadt und bevölkern die Belle-Époque-Luxushotels. 

Die erste Etappe aufs Jungfraujoch führt von Interlaken nach Grindelwald. Dort heißt es: Umsteigen. Nur mit Zahnradantrieb kommen die Züge weiter. Vorbei an Bauernhäusern im Chalet-Stil bummelt sich die Bimmelbahn bis hoch zur Kleinen Scheidegg. Hier, auf 2.061 Metern Höhe, liegt die Basisstation der Jungfraubahn. 

Bei gutem Wetter reicht die Sicht gen Norden schier endlos weit. Viel beeindruckender freilich ist die unmittelbare Nähe zur berüchtigten Eigernordwand. Dutzende Bergsteiger sind bei dem Versuch, den senkrechten Felsen zu durchklettern, in den Tod gestürzt. Erst 1938 wurde die Passage erstmals bezwungen. Da war die Bahn zum Jungfraujoch schon mehr als ein Vierteljahrhundert in Betrieb. 

Seit 1. August 1912 kraxeln die Zahnradzüge durch den Tunnel hinauf. Ursprünglich sollte die Fahrt auf dem Gipfel der Jungfrau, in 4.158 Metern Höhe enden. Doch leere Kassen und technische Schwierigkeiten ließen das Projekt unvollendet. 

Dem grandiosen Alpenpanorama tun die fehlenden 700 Höhenmeter keinen Abbruch. Wer heute auf der Open-Air-Plattform der Bergstation steht, sieht schneebedeckte Berggipfel, so weit das Auge reicht. Der mit 22 Kilometern längste Gletscher der Alpen, der Aletschgletscher, hat hier seinen Ursprung. Bis zu 900 Meter dick und viele Millionen Jahre alt ist seine Eisschicht. Die Bergstation selbst ist längst im massentouristischen Hier und Heute angekommen. Mehrere Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten sollen den Besucher bei schlechtem Wetter zum Geldaus‧geben verleiten. Viel sehenswerter: der „Eispalast“, ein in den Gletscher gehauenes, begehbares Labyrinth. 

Auf dem Heimweg stoppt der Zug in Alpiglen: alles raus und rauf auf die Rodel. Der „Eiger-Run“ ist eine temporeiche Schlittenabfahrt am Fuße der Eigernordwand. Wer sich verbremst, landet im Schnee. Hier und da schützen Fangzäune vorm Absturz. Denn merke: Die Natur in den Alpen ist schön – kann aber gnadenlos sein.

 

Jungfraubahn

Die Jungfraubahn bringt sommers wie winters ‧Touristen auf die Bergstation. Im vergangenen Jahr wurde die magische Eine-Million-Besuchermarke geknackt. Ein billiger Spaß für Familien ist die Bahnfahrt nicht: Einmal hin und zurück kostet von Interlaken aus rund 200 Euro – pro Person. Bei Vorausbuchung oder im Paket mit anderen Events lassen sich manchmal Ermäßigungen erzielen. Infos unter www.jungfrau.ch.

Christian Preiser