Schwammtaucher sind in der Region eine Touristenattraktion
Wer heute in Bodrum Schwammtaucher sehen will, geht am besten ins Museum. Das 2011 eröffnete Meeres- oder besser: Unterwassermuseum zählt zu den besten Museen in der Türkei. Es ist im Wahrzeichen der Stadt untergebracht, in der Kreuzritterburg direkt über der schneeweißen Altstadt.Anfang des 15. Jahrhunderts errichtet, fiel sie 100 Jahre später den osmanischen Eroberern kampflos in die Hände. Noch bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts diente das Kastell den osmanischen Herrschern als Verwahrort für unliebsame Untertanen, die in die Verbannung geschickt wurden.
Der Taucher Mustafa erzählt Touristen gerne von seiner Vergangenheit – zumal er nie in die Verbannung geschickt wurde. Der 55-Jährige wird von Ausflugsunternehmen und Anbietern der Blauen Reise gebucht, um den staunenden Passagieren zu zeigen, was die heute so selten gewordenen Tauchgänge zutage fördern. Wenn er mit seinem alten Fischerboot längs des Gulets kommt, wie die traditionellen Holzyachten der „Blauen Reise“ heißen, hat er Schwämme aller Größen und aller Verarbeitungsstufen bei sich.
Eine dunkle, undefinierbare Masse sind die Badeschwämme, wenn sie aus dem Wasser geholt werden. An Bord trampeln die Schwammtaucher auf ihnen herum, bis sie weich werden. Dann kommen sie noch einmal für eine Nacht ins Wasser und werden am nächsten Tag getrocknet. „Das ist ziemlich mühselig“, sagt Taucher Mustafa. Er kenne deshalb keine Schwammtaucher mehr, die ihrem Gewerbe aus Passion nachgingen: „Das ist nur ein Nebenerwerb.“
Die wenigen Schwämme, die heute gefördert werden, sind nicht mehr zum Export bestimmt, sondern werden als Souvenir verkauft. 15 bis 20 Euro müssen Touristen in den Shops von Bodrum für einen mittelgroßen Schwamm noch nicht einmal bester Qualität hinblättern. Naturbelassene Schwämme sind unterschiedlich gefärbt und weisen oft dunkle Stellen auf. Sind Schwämme hellgelb, wurden sie chemisch behandelt.
In ein paar Jahren wird es wahrscheinlich keine bezahlbaren Naturschwämme mehr geben. Der Hauptgrund: 1986 sorgte eine Pilzepidemie in der türkischen Ägäis und dem Dodekanes – dort war das Zentrum der Schwammtaucherei – dafür, dass die Ausbeute bei Tauchgängen immer kleiner wurde. Außerdem verlor das Gewerbe viele junge Männer an den boomenden Tourismus.
Darüber hinaus unterliegt das Tauchen heute strengen Auflagen, für die Unterwasserarchäologen gesorgt haben. Denn zu viele antike Schätze liegen noch in den Tiefen der Ägäis. Um diese zu orten, bedienen sich die Unterwasserforscher gerne der Schwammtaucher. Das Museum in der Burg zeigt eindrucksvoll all die Funde, die ans Tageslicht geholt wurden. Darunter befindet sich das Wrack eines Handelsschiffes aus dem 14. Jahrhundert vor Christus, also aus der Bronzezeit, das ein Schwammtaucher 1982 entdeckt hat.