Großbritannien

Wales: Wolken am Schneeberg

Mystisch wirkt der Berg Snowdon im Norden von Wales

Etwa 500.000 Urlauber pro Jahr erklimmen den Snowdon

Die Zahnradbahn der Snowdon Mountain Railway verkehrt seit 1897 fast ohne Ausnahme. Fotos: jt

Ein bisschen frustrierend ist es schon. Da hat man sich den ganzen langen Weg auf den Snowdon heraufgequält, 1.000 Höhenmeter, sieben Kilometer. Nur um knapp unterhalb des Gipfels beobachten zu müssen, wie andere Gipfelstürmer frisch und erholt aus der bequemen Bahn steigen.

Bereits seit 1897 zuckelt die Snowdon Mountain Railway auf den 1.085 Meter hohen Snowdon im Norden von Wales. Mit Ausnahme der Zeit des Zweiten Weltkriegs ist die einzige Zahnradbahn Großbritanniens bis heute in Betrieb. Die Züge der Snowdon Mountain Railway verkehren von der Talstation im Örtchen Llanberis im 30-Minuten-Takt, nutzen die Ausweichgleise, um sich auf der an sich eingleisigen Strecke aneinander vorbeizuschieben. 

Dass wir als passionierte Wanderer den Snowdon zu Fuß erklimmen, ist Ehrensache. Das machen übrigens die meisten Snowdon-Besucher, nämlich rund 420.000 pro Jahr. Mit der Bahn kommen nur etwa 150.000. 

Der vermeintlich höchste Berg

Für gewöhnlich wird der graue Riese für den zweithöchsten Berg Großbritanniens nach dem Ben Nevis in Schottland gehalten. Tatsächlich gibt es dort mehr als 20 Gipfel, die höher sind als der Snowdon. Dieser ist aber der höchste Berg des Vereinigten Königreichs außerhalb von Schottland. 

Insgesamt sechs Wege führen hinauf auf den „Schneeberg“, der seine Spitze meist in den Wolken versteckt. Sie sind unterschiedlich lang, steil und schwer. Wir entscheiden uns für eine der einfacheren Routen, den Llanberis Path, der stets in der Nähe der Gleise der Snowdon Mountain Railway verläuft. Der Weg steigt stetig bergan, er ist breit und gut zu erkennen, so dass man auch bei Nebel keine Sorgen haben muss, sich zu verlaufen. Die Landschaft präsentiert sich in Grünbraun, die Vegetation ist spärlich und baumlos und in ihrer Kargheit beruhigend. Schafe werfen uns kurze, interessierte Blicke zu, um dann in aller Ruhe weiterzugrasen. Mal unter-, mal oberhalb von unserem Pfad zuckelt hin und wieder eine Bahn vorbei. Es wird steiler und steiniger. Rechts unten taucht ein dunkelblauer Gebirgssee auf, überragt von einer schroffen, abweisenden Felswand.

Steiler Aufstieg

Hinter der Bahn-Zwischenstation Clogwyn Station bietet sich dem Wanderer ein toller Blick auf den Glydderau-Gebirgszug auf der anderen Talseite. Nun geht es für einige Hundert Meter steil bergauf, so steil, dass die Waden schmerzen. Zum Glück wird der Pfad nun wieder flacher und bald haben wir den X Stone erreicht. Hier stoßen zwei andere Routen zu uns, der Pyg Track und der Miners Track. Sie winden sich aus einem eindrucksvollen Talkessel mit See empor.

Vor uns taucht die Bergstation der Snowdon Mountain Railway auf, ein steinernes Gebäude, das sich in die karge Landschaft einfügt. Nun ist es nicht mehr weit bis zum Gipfel, dessen Umrisse hinter einer dünnen Wolkenschicht auszumachen sind. Nahe an der Felskante geht es das letzte Stück bergauf, nur einen Meter links vom Pfad fällt das Gelände mehrere Hundert Meter fast senkrecht ab.

Und dann sind wir oben auf dem kleinen Plateau, geschafft und außer Atem. Hier oben ist jede Menge los. Neben uns orientieren sich gerade ein paar Bahnfahrer auf einer Tafel, welcher Berg, welcher See, welcher Meeresarm in der Ferne zu sehen ist – frisch und erholt und kein bisschen außer Puste. Es sei ihnen gegönnt. Die grandiose Aussicht reicht für alle. 

Julia Treuherz