Finnland

Die spinnen, die Finnen!

Oulu: Die Stadt hoch im Norden steckt voller Kuriositäten

Blitzblauer Himmel, strahlende Sonne bei stolzen 20 Grad im Schatten und jede Menge entspannte Menschen auf dem Marktplatz. Frische Beeren und Pilze sind überall im Angebot. Vor dem Eiscafé hat sich eine Schlange gebildet. Für den Frieden zwischen Obst- und Gemüseständen sorgt der Toripollisi, umgangssprachlich „Bobby“ genannt: ein stramm gebauter Ortspolizist. Doch der Schutzmann ist nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Metall. Bildhauer Kaarlo Mikkonen schuf die Skulptur eines wackeren Wachtmeisters, der hier von 1934 bis 1979 Dienst tat. 

Oulu, die nördlichste Großstadt Europas, hat 200.000 Einwohner und liegt 200 Kilometer südlich des Polarkreises an der Mündung des Flusses Oulujoki in den Bottnischen Meerbusen. Nach der Stadt ist auch ein gleichnamiger Asteroid benannt. 

Am Hafen stehen noch einige der historischen Kontore und ochsenblutroten Lagerhäuser. Heute sind hier Cafés und kleine Geschäfte untergebracht. Am Kai liegen keine Schoner mehr, sondern Yachten. In Oulu wurde das Geld einst mit Fischfang und Holzteer verdient. Als das Zeitalter der Informationstechnologie anbrach, wurde die Stadt zum Zentrum der finnischen IT-Branche.

„Wir sind der Geburtsort von Nokia“, so Janne Soini, Chef der örtlichen Tourismusbehörde. Inzwischen hat sich die IT-Szene diversifiziert. Zig Start-up-Firmen sind neben dem verblassenden Stern Nokia vor Ort. 

Verkehrstechnisch ist Oulu bestens angebunden. Mit dem Schnellzug Pendolino ist man in weniger als sechs Stunden in Helsinki. Außerdem hat Oulu fast stündliche Luftverbindungen mit der finnischen Hauptstadt. 

Luft ist ein sehr gutes Stichwort. Etwa 750 Events und Festivals leistet sich die Stadt jährlich, doch die Königin der Veranstaltungen im Dienste der guten Laune ist die Luftgitarren-Weltmeisterschaft, die seit 1996 stets am letzten August-‧Wochenende ausgetragen wird. 2016 kämpften 15 Teilnehmer aus acht Nationen um die Krone des nur gemimt perfekten Gitarrenspiels. 

Tausende von Zuschauern feiern alljährlich mit. Die Atmosphäre lässt an Woodstock denken. Das Motto lautet: „Make Air not War“. Sieger wurde zuletzt Matt „Aristotle“ Burns aus den USA. Sein Landsmann Justin Howard, genannt „The Nordic Thunder“ holte sich bereits zweimal den Titel und ist immer dabei, um die Newcomer zu unterstützen. „Getting nordic“ nennt er den Zustand entspannt-friedfertiger Feierstimmung. 

Die Stadt, die auch für ihren „schreienden Männerchor“ berühmt ist, verfügt über die zweitgrößte Uni Finnlands, ist geprägt von einer sehr jungen Bevölkerung und weist eine extrem hohe Geburtenrate auf. Und wer nach dem Feiern eine Erfrischung braucht, kann sich am langen Nallikari-Strand ins eiskalte Wasser des Meerbusens werfen und anschließend vom Polarwind lufttrocknen lassen. Macht garantiert einen klaren Kopf.

Claudia Diemar