Tschechien

Hradec Kralove: "Salon der Republik"

Blick auf die charmante Altstadt von Hradec Kralove, ehemals Königgrätz. Foto: alxpin / istockphoto

Baukunst des frühen 20. Jahrhunderts

Ein Bau, viel heiterer als seine Funktion: das Krematorium in Pardubice. Bild: sw

Gocars Schulbau in Hradec Kralove. Foto: sw

Salon der Republik“ – das klingt fast wie ein Kosename. Derart wurde Hradec Kralove (früher Königgrätz) zwischen den beiden Weltkriegen genannt. Dies nicht wegen des reichen Erbes an Bauten aus Gotik, Renaissance und auch Barock. Sondern wegen der modernen Bauten und des urbanen Kulturlebens nach 1918, als die Tschechoslowakische Republik gegründet wurde.
Die Jubiläumsfeierlichkeiten im vergangenen Jahr lenkten den Blick auf die moderne Architektur der Ersten Republik, die zu einer Reise über Prag hinaus nach Ostböhmen nun zu zahlreichen Bau-attraktionen motiviert.

Das Ostböhmische Museum in Hradec Kralove, vom Wegbereiter der Moderne, dem Architekten Jan Kotera entworfen, gilt als eines der bedeutendsten modernen Bauwerke im heutigen Tschechien. Noch beeindruckender als die äußere Gestaltung ist die Innenausstattung mit kunstvollen Glasfenstern, Mosaiken und edlen Hölzern.

Bedeutende Bauwerke

Die Liste der modernen Bauwerke, die Besucher in der Stadt am Zusammenfluss von Elbe und Adler gesehen haben sollten, ist ellenlang. Dazu zählen das Elbkraftwerk und das Gebäude einer Bank im Jugendstil, in dem heute die renommierte Galerie der modernen Künste untergebracht ist, und ein Gebäude am Elbufer mit Philharmonie, Turnhalle, Restaurant und Bank in einem. Dieser Bau stammt wie so manches moderne Bauwerk vom Kotera-Schüler Gocar. Um nur zwei weitere seiner Schöpfungen zu nennen: die Kirche für die Priester Ambrosius-Gemeinde und das Schulareal mit Kindergarten, Grundschule und Gymnasium. Die zwei Flügel des Gymnasiums öffnen sich zur Treppe, die zum Haupteingang hochführt, wie ein aufgeklapptes Buch. Unvergesslich bleibt dort der weite Blick von der Dachterrasse über die Stadt.

Exkursionen für Kulturreisende

Drei Ausflüge von Hradec Kralove zu Architektur-Attraktionen der Ersten Republik sind zu empfehlen.  Der erste führt nach Horice. Seit über drei Jahren laufen die Restaurierungsarbeiten am hölzernen Badetrakt des Freibades Dachova. Die weiß-gelbe Fassade mit roten Einfassungen des zur Hälfte wiederhergestellten Gebäudes ist streng geordnet und verspielt zugleich.
Fast heiter wirkt die größte architektonische Attraktion von Pardubice, obwohl sie doch einem ernsten Zweck dient: das Krematorium des Architekten Pavel Janak. Das Gebäude ist im rondokubistischen Stil konzipiert, der in den Anfangsjahren der Tschechoslowakei zum Nationalstil avancierte.

Die folgende Sehenswürdigkeit befindet sich im Kurort Bohdanec. Der Gocar-Pavillon, der 1913 erbaut wurde, ist viel größer als ein Pavillon, wirkt aber nicht monumental. Er ist im kubistischen Stil gehalten – mit schrägen Stegen und Gesimsen, unterteilten Fenstern und schmalen Pfeilern. Das Gebäude scheint zu leben, gar zu tanzen. Tschechiens moderne Architektur ist eben für so manche Überraschung gut.

Horst Schwartz