Polen

Schlesische Symphonie

In der Parklandschaft von Buchwald (Bukowiec)

Das Hirschberger Tal erwacht aus dem Dornröschenschlaf

Im Gutshof des Schlosses in Lomnitz (Lomnica) wird Marmelade eingekocht

Es war einmal eine Landschaft, die schon von Natur aus schön war. Sie schmiegt sich ans von Wolken bemützte Riesengebirge, auf dessen höchsten Spitzen bis in den Sommer hinein der Schnee glänzt. Darunter breitet sich ein grüner Teppich aus Wiesen und Feldern aus, mit sanften Hügeln und sprudelnden Bächen, und als Kontrast dazu schroffe Felsentürme in den dicht bewaldeten Falkenbergen. 

Dann kamen die Preußen. König Friedrich Wilhelm III. und Gefolge verwandelten die Gegend um die schlesische Kleinstadt Hirschberg (heute Jelenia Gora) in ihr von Menschenhand gestaltetes Paradies auf Erden. Sie errichteten im Hirschberger Tal Herrenhäuser und Landsitze, Güter und Residenzen, Berghütten und Parks. Die Region war reich an Schlössern wie kaum eine andere in Europa. Viel wurde im und nach dem Zweiten Weltkrieg zwar geplündert und verfiel, konnte dann aber doch noch restauriert werden. 

Rettung des Märchenschlosses

Zum Beispiel in Wojanow, einst bekannt als Schildau. Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. ließ hier für seine Tochter Luise bauen, als die den Prinzen Friedrich der Niederlande heiratete: Sie bekam ein Märchenschloss. 

Dass es mit den Blumenrabatten, Springbrunnen und zinnenbewehrten Türmchen heute wieder so aussieht, als wohne hier tatsächlich eine Prinzessin, ist Piotr Napierała zu verdanken. Eigentlich ist der Geschäftsmann aus Breslau ein kühl kalkulierender Bauunternehmer. Bei diesem Projekt aber zeigte er Gefühle: „Ein solches Areal gibt es in Polen kein zweites Mal. Das musste gerettet werden!“
 Er hat die ausgebrannte Ruine in ein Kongresshotel verwandelt. Nun engagiert er sich in einer Stiftung, die das Erbe der Region erhalten will. Um die Ecke liegt nämlich auch die Parklandschaft von Bukowiec (Buchwald), wo man per Ruderboot auf einem der Teiche oder auch zu Fuß im verwilderten Wald unterwegs sein kann. 

Besuch bei Rübezahl

Auch die Nachbarin in Lomnica (Lomnitz) ist mit von der Partie. Elisabeth von Küster hat sich wie keine Zweite der Erhaltung des Hirschberger Tals verschrieben. Die Gäste ihres schnuckeligen Hotels im klassizistischen Herrenhaus dinieren an kühlen Tagen an Kachelofen und Kamin.
Das Große Schloss nebenan ist als Museum mit Antiquitäten ausgestattet. Inzwischen ist auch der Gutshof fertig. Hier gibt es eine Bäckerei, ein Restaurant, einen Hofladen und ein Geschäft, in dem Mode aus Leinen verkauft wird. Einer der früheren Besitzer war nämlich ein „Schleierherr“, der als Flachsfabrikant zu Reichtum gekommen war. 

Spaziergänger können nun wie vor 200 Jahren wieder die Sichtachsen genießen, die in den Schlossparks unter der Regie des Gartenplaners Peter Joseph Lenne angelegt worden waren. Man blickt bis zum Weiß der Sniezka, der 1.603 Meter hohen Schneekoppe: Dort oben soll Rübezahl hausen, der launische Berggeist des Riesengebirges. Die preußische Königsfamilie stieg trotzdem gerne hinauf. 

Wie das Rheintal mit seinen Burgen, das man vom Dampfer aus erlebte, war das Hirschberger Tal ein Sehnsuchtsort der Romantik. Und ist es heute wieder.

Helge Bendl
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