Spanien

Die Natur als Apotheke

Durch die Palmen hindurch grüßt die Küste

Durch die Palmen hindurch grüßt die Küste. Fotos: ld

La Gomera: Wandern in Europas schönster Wildnis

San Sebastian mit den kanarischen Balkonen lohnt einen Besuch

San Sebastian mit den kanarischen Balkonen lohnt einen Besuch

Wer auf La Gomera einen einwöchigen Wanderurlaub verbringt, kann jeden Tag ein etwas anderes Gesicht der Insel erleben und bewundern.

Die Tour zu den Casas de Cuevas Blancas, den weißen Höhlenhäusern im Osten, führt durch den Parque Natural de Majona. Am Wegesrand wachsen Wolfsmilchgewächse und Kanaren-Lavendel, erklärt dann Wanderführerin Marina Seiwert ihrer Gruppe.

Bald windet sich der Pfad in Serpentinen einen steilen Berg hinauf. War gestern im Lorbeerwald noch kühler Herbst, so ist heute in der Gluthitze Hochsommer. Oben angekommen, beeindruckt das grandiose Bergpanorama. Der Blick reicht bis zum Meer und zum Fährhafen in der Hauptstadt San Sebastian hinunter.

Weg in eine andere Welt

Dann geht es weiter stetig bergauf am Rande einer schroffen Bergszenerie. Linkerhand stürzt der schmale Pfad jäh in die Tiefe. Marina empfiehlt: „Schaut zur rechten Seite!“

Schließlich folgt eine Kurve um die Bergwand herum. Die Wanderer trauen nun ihren Augen kaum: Dahinter weitet sich der Blick über sanft ansteigende Felder, gesäumt von Palmen – wie in einer anderen Welt.

So idyllisch bleibt es nicht. Bald weht ein heftiger Wind beim Durchqueren der weiten Ebene, die später in eine steile Strecke übergeht. Sie führt zu jenen mysteriösen, weiß getünchten Häusern, in den Berg hineingebaut, die vor langer Zeit verlassen wurden. Es ist ein idealer windgeschützter Platz mit herrlicher Aussicht beim Mittagspicknick. Von dort macht sich die Gruppe schließlich auf den Rückweg.

Für die nächste Tour in den Norden empfiehlt Marina Regenzeug. Man fährt durch einen langen „Wettertunnel“ und erlebt, dass er tatsächlich eine Wetterscheide markiert. Die Landschaft jenseits des Tunnels ist nun tropisch, es wachsen Weinreben, Palmen, Bananen, Mangos und Avocado-Bäume.

In dem langgezogenen Straßendorf Hermigua besucht die Gruppe eine Aloe-Vera-Farm. Die Heilpflanze, auch Wüstenlilie genannt, kann drei Jahre ohne Wasser überleben. Das Innere der Blätter hilft bei Haut- und Magenproblemen sowie Bauchschmerzen.

Unterwegs zu einer Bananenplantage passieren die Wanderer einen Moringa-Baum, dem eine Heilwirkung gegen 300 Krankheiten zugesprochen wird, als wäre die Natur hier die reinste Apotheke. In der Plantage fängt es an zu regnen, es schüttet geradezu vom Himmel. Unterstände gibt es nicht. Marina, in ein Regencape gehüllt, begründet die Bewässerungskanäle, während es den Gästen von der Kapuze tropft.

„Man braucht für eine Bananenstaude ungefähr 50 Badewannen Wasser“, sagt sie und alle müssen lachen. Der Bauer erhalte nur 13 Cent pro Kilo Bananen und als EG-Subvention dieselbe Summe dazu. Davon könne er kaum leben.

Von Hermigua wandert die Gruppe zur Küste hinunter, zum Mittagessen in das Dorf Lepe. Danach geht es am Meer entlang nach Agulo. Es folgt ein brutal-steiler Aufstieg auf zusammengelegten, vom Regen rutschigen Felsplatten, der gefühlt kein Ende nimmt, mit Sicht auf Berghänge im Nebel. Um schließlich in einem ökologischen Fruchtgarten zu landen. Der Besitzer Ulises hat hier 50 unterschiedliche tropische Obstbäume angepflanzt, die er den Besuchern stolz mit ein paar Kostproben zeigt.

Kolumbus startete in San Sebastian

Im oberen Ortskern von Agulo spaziert man auf Kopfsteinpflaster durch eine schmale Gasse, über der ein mächtiger Berghang aufragt. Etwas weiter wartet schon der Bus, der die Ausflügler dann zurück durch den „Wettertunnel“ nach San Sebastian bringt. Und kaum ist man auf der anderen Seite des Berges, ist es wieder sonnig.

In San Sebastian erinnern einige Bauten an Christoph Kolumbus, der einst im September 1492 von hier aufbrach und Amerika entdeckte. Im bummelswerten Örtchen, in dem die historischen Gebäude wie die Kirche Nuestra Senora de la Asuncion auch auf Deutsch erklärt werden, gibt es einige kleine Hotels und einen Parador, der auf einem Hügel thront.

Lottemi Doormann