Deutschland

Bonn: Ein Jahr für Beethoven

Beethoven allerorten – Graffito in der Fußgängerunterführung zur Oper. Foto: mw

Die Stadt feiert im nächsten Jahr den 250. Geburtstag des Komponisten Ludwig van Beethoven mit einem großen Festprogramm

Das Hinterhaus in der Bonngasse 20 ist für den Ansturm von Musikliebhabern aus Deutschland und der Welt nicht gebaut. Als die verwitwete Maria Magdalena Leym dem Tenorsänger Johann van Beethoven hier im Dezember 1770 wohl in einem engen Oberstübchen den zweiten Sohn Ludwig zur Welt bringt, denkt auch niemand an einen Moment von Weltgeltung. Nicht einmal den Geburtstag merkt man sich. Nur die Taufe in der nahen Remigiuskirche am 17. Dezember wird verzeichnet. Die jungen Eltern werden sich damit beeilt haben, war ihnen doch erst im Vorjahr ein erster Sohn (ebenfalls namens Ludwig) im Kindbett verstorben.

Die alte Remigiuskirche ist im Jahr 1800 abgebrannt. Und aus dem Residenzstädtchen Bonn mit seinerzeit 11.000 Seelen ist inzwischen die florierende Bundesstadt mit heute 320.000 Bewohnern ‧geworden, Tendenz steigend.

Trotzdem erinnern nicht nur sein Geburtshaus mit der grundüberholten sehenswerten Daueraus‧stellung und das Bronzedenkmal von Ernst Hähnel auf dem Münsterplatz an Beethoven. Mit einem umfangreichen Jubiläumsprogramm rufen die Stadt und der Bund unter der Marke „BTHVN 2020“ den Komponisten und seine Werke ein ganzes Jahr lang in Erinnerung. „BTHVN“ – so hatte der Meister viele seiner Werke unterschrieben.

Orientierung bieten neuerdings 13 auffällig gelbe Stelen im Stadtgebiet. Mit Bildern, Texten und kurzen Animationsfilmen berichten sie von den ersten 22 Jahren des früh begabten Musikers.

Vom Geburtshaus führt der Weg zur prächtigen kurfürstlichen Schlosskapelle, in der Beethoven mit 13 Jahren eine Stelle als zweiter Hoforganist antrat. Weiter geht es zum Rheinufer, wo die Familie als Untermieter des Bäckermeisters Gottfried Fischer beim Hochwasser von 1784 fast weggeschwommen wäre, und zum Wirtshaus Zehrgarten am Marktplatz, wo Beethoven als junger Mann vor seiner ‧Abreise auf den Tischen getanzt haben soll. Bei Rheinischem Sauerbraten mit Rosinen und Rotkohl im Nachfolgelokal „En Höttche“ kann man dessen angemessen gedenken.

Tieferen Einblick in Leben und Werk des Meisters vermittelt mit Originalen und Porträts ab 17. Dezember bis 26. April die große Sonderschau „Welt.Bürger.Musik“ in der Bonner Bundeskunsthalle. Nicht chronologisch, sondern in Themen-blöcken widmet sich die Ausstellung „Beethovens Sicht auf sich selbst“, „Freundschaften“ oder „Geschäftlichen Strategien“ und ordnet ihnen musikalische Schlüsselwerke zu.

Musikalisch geht es auch durchs Jahr – mit Konzerten des städtischen Beethoven-Orchesters etwa beim Festakt am 16. Dezember in der Bonner Oper oder bei einem Simultan-Konzert im Hofgarten und vor dem Wiener Rathaus am 15. Mai. Unter anderem haben sich auch das London Symphony Orchestra unter Sir Simon Rattle oder die Elektro-Pioniere von „Kraftwerk“ angesagt.

Ziel sei es, „Beethoven in all seinen Facetten erfahrbar zu machen und für möglichst viele Menschen Zugänge zu eröffnen“, sagt Malte Boecker von der städtischen Jubiläumsgesellschaft.

Gut 26 Millionen Euro lassen Bund und Stadt sich die rund 300 Veranstaltungen kosten. Der chinesische Komponist Tan Dun hat sogar eine fernöstliche Antwort auf Beethovens Neunte geschrieben. Bei der Welturaufführung durch das Bundesjugend-orchester am 8. August wird der New Yorker „The Nine“ wohl auch selbst dirigieren. In China und Japan hat der Bonner Ludwig schließlich bis heute einen fast übernatürlichen Ruf.

Infos gibt es unter www.bthvn2020.de.

Martin Wein
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