Finnland

Aland: Völlig entschleunigt

Ein rotes Holzhaus, ein Bootssteg und ganz viel Wasser drumherum: So sieht ein typisches Grundstück auf den Aland-Inseln aus

Ein rotes Holzhaus, ein Bootssteg und ganz viel Wasser drumherum: So sieht ein typisches Grundstück auf den Aland-Inseln aus. Foto: PetraKosonen / iStockphoto

Auf den weitgehend souveränen Aland-Inseln stellt sich automatisch ein Bullerbü-Gefühl ein

Die Ostsee ist hier allgegenwärtig. Mal ist sie als schmaler, dunkelblauer Streifen unterm Sommerhimmel am Horizont zu erkennen, mal liefert sie mit ihrem Wellenrauschen die Melodie fürs Mittagspicknick auf den glatt geschliffenen, warmen Felsen einer der zahllosen Buchten.

Auf den Aland-Inseln zwischen Schweden und Finnland im Bottnischen Meerbusen, dem Nordzipfel der Ostsee, ist es schwierig, einen Flecken Land zu finden, der kein Wassergrundstück ist oder wenigstens an eines grenzt.

Alles in allem über 6.500 Inseln und Inselchen gehören zu diesem Archipel. Nur 60 größere sind dauerhaft bewohnt. Zusammen bringen sie es auf etwa anderthalbtausend Quadratkilometer. Viele der Linien-Autofähren zwischen der schwedischen Hauptstadt Stockholm und der finnischen Küstenstadt Turku legen am Kai der Aland-Hauptstadt Mariehamn einen kurzen Stopp ein. Sie hat 11.500 Einwohner.

Fähren für drei Autos

Überhaupt sind es Fähren, die die Alands erschließen, denn Brücken haben vielerorts Seltenheitswert – selbst wenn zwei Inseln oft nur durch einen 80 Meter breiten Sund voneinander getrennt sind. Die kleineren Fähren bieten Platz für nur drei, vier Autos oder einen Lastwagen und pendeln nach Bedarf, die größeren verkehren nach festem Fahrplan und sind mal nur zehn Minuten, mal anderthalb Stunden von Insel zu Insel unterwegs. Und bis die nächste kommt, dauert es kaum jemals wirklich lange.

Aus dem Reisen nimmt so etwas das Tempo heraus. Die Alands entschleunigen, und schon nach kurzer Zeit passt das eigene Empfinden irgendwie zum Bullerbü-Look, zu diesem friedlichen, fast ein bisschen weltfernen Bilderbuch-Skandinavien mit rot getünchten Bauernhöfen mit weißen Zierleisten an den Dächern und den alten hölzernen Bockwindmühlen am Wegesrand.

Boote aller Klassen und Größen

Neben der Straße zaubert die nordische Sonne derweil silberne Schleier auf das stille Wasser felsiger Buchten. Wieder klammern sich windschiefe Bootshäuser auf Holzstelzen an den Granit. In ihrem Inneren verbergen sie die Synonyme schöner Sommertage, wenn das Meer zur dunkelblauen Spielwiese wird, als vergrößerten die Alands ihre Fläche plötzlich um ein Vielfaches. Boote aller Bauarten, Klassen und Größen warten dort darauf, bei schönem Wetter ausgeführt zu werden.

Die Alands genießen einen souveränitätsähnlichen Status unter dem Dach Finnlands, der beispielsweise Reedern finanzielle Vorteile beschert, wenn sie ihre Schiffe auf den Inseln registrieren.

Offenbar lohnt es sich, denn zumindest im Ostseeraum prangt ungewöhnlich oft der Heimathafen-Schriftzug „Mariehamn“ oder „Maarianhamina“ am Heck der Handelsschiffe. Darüber hinaus darf die Inselregierung eigene Briefmarken herausgeben. Und an den Fahnenmasten wird die aländische Flagge vom Wind gezaust: es ist ein rot-gelb abgesetztes skandinavisches Kreuz auf blauem Grund. Der ideale Wimpel für das Wassergrundstück.

Von Helge Sobik
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