Großbritannien

Lake District: Glitzernde Seen, grüne Weiden

Aussicht vom Walla Crag auf Derwent Water und das Städtchen Keswick

Die Region im Nordwesten Englands ist für deutsche Urlauber ein Geheimtipp

Die Langdale Pikes zählen zu den höchsten und bekanntesten Bergen im Lake District. Fotos: jt

Ganz geheuer ist Charlie die Sache nicht. Ängstlich sieht der schwarze Spaniel sich um, als das 1935 gebaute Dampfschiff Western Belle vom Kai ablegt und auf den See Ullswater hinausfährt. Die anderen Passagiere erfreuen sich an der Szenerie, dem Glitzern der Sonne auf dem tiefblauen Wasser, den Schafen auf den sattgrünen Weiden, den Bäumen am Ufer, den kahlen Bergkuppen, die dahinter hervorschauen. Charlie traut sich zwar mittlerweile, über die Reling zu schauen, bleibt aber misstrauisch.

Der Ullswater ist einer von 16 größeren und rund 1.000 kleineren Seen im Lake District im Nordwesten Englands. Ein kurioser Fakt: Trotz des Namens gibt es dort nur einen „Lake“, den Bassenthwaite Lake. Alle anderen Seen enden auf „Water“, Gewässer, oder auf die Silbe „-mere“, was so viel wie Teich bedeutet.

Die Region ist bei deutschen Touristen kaum bekannt. Für die Briten selbst sind „The Lakes“ ein beliebtes Urlaubsziel – rund 16 Millionen Besucher kommen pro Jahr in das Gebiet südlich der schottischen Grenze.
Es ist vor allem die landschaftliche Schönheit, die sie anzieht – das Zusammenspiel von Seen und Bergen, von Steinmauern umgebenen grünen Weiden und Hügeln voller Heidekraut – verbunden mit einer hervorragenden touristischen Infrastruktur. Seit 1951 ist der Lake District als Nationalpark geschützt, seit 2017 ist er auch Unesco-Weltkulturerbestätte.

Wetterfest muss man sein, wenn man hier Urlaub machen will. Die Grafschaft Cumbria, zu der der Lake District zählt, ist die regenreichste Provinz Großbritanniens. Der Weiler Seathwaite am Ende des malerischen Tals Borrowdale hält einen besonderen Rekord: „the wettest inhabited place in England“.

Die Briten lassen sich vom Regen nicht von ihren Outdoor-Aktivitäten abhalten. Ein schier unendliches Netz an Wanderwegen durchzieht die rund 55 Kilometer lange und breite Region. Egal, ob man gemütlich um einen der Seen spazieren, eine Tour auf einen Hügel mit grandioser Aussicht machen oder Englands höchsten Berg, den Skafell Pike, besteigen möchte – es wird für jedes Level was geboten. Das gilt auch für andere Sportarten wie Mountainbiken, Klettern und Kanufahren.

Der Lake District verdankt seinen Aufschwung vor allem William Wordsworth und anderen „Lake Poets“, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts in ihren Gedichten über die landschaftlichen Schönheiten der Gegend die Neugier ihrer Landsleute weckten. Mit Eröffnung der Bahnlinie in das Städtchen Windermere im Jahre 1847 war die Region leicht zu erreichen, insbesondere von den nordenglischen Industriestädten Manchester und Liverpool aus.

Die Wohnhäuser des Dichters Wordsworth, des Schriftstellers John Ruskin und der Kinderbuchautorin Beatrix Potter, deren Figur Peter Rabbit in Großbritannien jeder kennt, sind viel besuchte Ausflugsziele. Trubelig geht es auch in den kleinen Städtchen zu.

Etwa in Ambleside. Der 2.600-Einwohner-Ort am Nordende des Sees Windermere liegt eingebettet zwischen Gebirgszügen. Hier kann man durch Outdoor-Läden (es gibt etwa zwölf!), Boutiquen und Souvenirshops schlendern oder sich im Armitt Museum mit der Geschichte des Lake Districts bekannt machen.

Zur Stärkung nach Bummel und Kultur geht es ins Giggling Goose Café, das mit hausgemachten Quiches und Kuchen lockt. Danach bricht man noch einmal auf zu einem Spaziergang auf den Hügel Loughrigg Fell oder zu einer Bootsfahrt auf dem Windermere. Und sollte es gerade wieder regnen, macht das auch nichts. Dann bleibt man einfach sitzen und bestellt noch ein Kännchen Tee. Die Sonne kommt bestimmt gleich wieder.

Julia Treuherz
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