Türkei

Lykischer Weg: Zu Fuß durch die Antike

Ein beliebtes Fotomotiv: die Lagune und Bucht von Öludeniz

Ein beliebtes Fotomotiv: die Lagune und Bucht von Öludeniz. Foto: ah

Erlebniswandern auf dem Lykischen Weg zwischen Fethiye und Antalya

Der Lykische Weg ist bestens ausgeschildert

Der Lykische Weg ist bestens ausgeschildert. Foto: ah

Das Parlament von Patara: Hier tagte vor gut 2.000 Jahren der Lykische Bund

Das Parlament von Patara: Hier tagte vor gut 2.000 Jahren der Lykische Bund. Foto: ah

Uns stockt der Atem! Das liegt nicht nur an dem schweißtreibenden Aufstieg, sondern am Blick auf die türkisblaue Lagune von Öludeniz. Ein spektakuläres Panorama breitet sich vor uns aus. Das Motiv dürften viele kennen, den Ort wohl nicht. Türkei-Werber nutzen die Lagune gerne für Veranstalterkataloge und Werbeanzeigen. 

Nun stehen wir also mehrere hundert Meter über dieser fast unwirklich gebogenen Bucht mit ihrem goldgelben Strand, der immer wieder als schönster des Landes gefeiert wird. Über uns kreisen Paraglider, deren Schirme die Farbpalette von einem satten Zitronengelb bis zu einem dunklen Lila abdecken. Die mutigen Luftsegler sind vom benachbarten, rund 2.000 Meter hohen Babadaga gestartet und werden am Strand von Öludeniz landen – beneidenswert. 

Meeresrauschen und steile Berghänge
Wir bleiben auf dem felsigen Boden und müssen weiter. Denn wir sind noch ganz am Anfang des Lykischen Wegs – einem 500 Kilometer langen Fernwanderweg im Südwesten der Türkei. Bei 28 Grad im Oktober steigen wir zwischen Meeresrauschen und steilen Berghängen auf, tauchen bald in einen Kiefernwald ein, der etwas Schatten spendet. Je mehr wir an Höhenmetern gewinnen, desto häufiger zeigen sich Zedern. 

Gegen Mittag erreichen wir das Dorf Kozagaci, kehren erschöpft bei einer Bauernfamilie ein. Die Töchter servieren kühlen Ayran und Gözleme – einen türkischen Pfannkuchen. Während der Muezzin über kratzige Lautsprecher zum Mittagsgebet ruft, genießen wir die wohlverdiente Wanderpause. 

Wieder auf der Strecke zieht sich der Weg in Serpentinen vorbei an Hunderten Bienenkästen bis zu unserem Tagesziel Faralya, das oberhalb des tief eingeschnittenen Schmetterlingstals thront. 

Türkei mit Outdoor-Boom 
Es sind Impressionen wie diese, die den Lykischen Weg so beliebt machen. Die Corona-Krise hat der Türkei einen Outdoor-Boom beschert. Noch vor einigen Jahren schüttelten die Türken nur den Kopf über durchgeschwitzte Ausländer mit schweren Rucksäcken, die sich in der Mittagshitze über schmale Pfade kämpften. 

Heute sind sie selbst auf Schusters Rappen in der Natur unterwegs – besorgen sich sogar Zelte, einen Gasgrill und gehen damit campen. Und so treffen wir auf dem Weg, der von Trekking-Experten als einer der malerischsten Fernwanderwege weltweit bezeichnet wird, neben jungen Aktivurlaubern aus Deutschland, Russland und Großbritannien auch viele Türken. 

Doch nicht nur die landschaftliche Schönheit, die von mächtigen Bergkulissen, pittoresken Dörfern und Bilderbuch-artigen Küstenabschnitten geprägt ist, zieht die Wanderer an. Der Lykische Weg führt auch zu 14 antiken Stätten. Dazu zählt etwa die Ruinenstadt Patara, die ihre Blüte im zweiten Jahrhundert nach Christus als römischer Handelshafen erlebte. Zunehmende Versandung und das Aufkommen des Islams im sechsten Jahrhundert sorgten allerdings für das Ende der ehemals prosperierenden Stadt. 

Heute legen Archäologen immer mehr antike Bauten frei, darunter die prächtige Säulenstraße, das Parlament des Lykischen Bundes sowie das beeindruckende Theater mit mehr als 11.000 Sitzplätzen. Momentan wird in Strandnähe von Patara der 26 Meter hohe Leuchtturm aus Originalsteinen wieder errichtet. 

Wir lassen die antike Stadt hinter uns und wandern eingehüllt von Thymian- und Lavendelduft durch dichte und kratzige Macchia-Büsche. Lange Hosen sind hier empfehlenswert. Auf dem heutigen Wanderprogramm steht noch das Überschreiten eines 2.000 Jahre altes Aquädukts. Es ist nicht das letzte Highlight der Tour auf dem Lykischen Weg: Von hier aus bis zum Ziel sind es noch 26 Etappen. 


Info
Der Lykische Weg
Der 509 Kilometer lange Fernwanderweg im Südwesten der Türkei führt auf sehr gut markierten Wegen von Fethiye bis in die Touristenhochburg Antalya. Die Route basiert auf alten Handelswegen und Verbindungspfaden zwischen den antiken Stätten der Lykier. Der Weg, der sich grob in 28 Etappen gliedert, sollte aufgrund der Temperaturen nur von Mitte März bis Ende Juni und Mitte September bis Ende November begangen werden. Mehrtägige Touren, die die schönsten Etappe kombinieren, bieten unter anderem Aktivreisespezialisten wie ASI oder Eurohike als Gruppen- oder individuelle Touren an. Die Anreise ist etwa mit Turkish Airlines über die Flughäfen Dalaman oder Antalya möglich.

Arne Hübner
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