Spanien

Teneriffa: Humboldts Liebeserklärung

Der untere Teil des Orotava-Tals versteckt sich unter einer Wolkendecke

Der untere Teil des Orotava-Tals versteckt sich unter einer Wolkendecke. Fotos: Lunamarina, Betelgejze / istockphoto

Unterwegs im Valle de la Orotava

Das Kleinstädtchen La Orotava ist Ausgangspunkt für Ausflüge und Wanderungen

Das Kleinstädtchen La Orotava ist Ausgangspunkt für Ausflüge und Wanderungen

Mit den berühmten Weltreisenden früherer Jahrhunderte wird ja heutzutage ordentlich Werbung gemacht. Ob nun mit James Cook in Australien, Marco Polo in China, Vasco da Gama in Indien oder mit dem deutschen Naturforscher und Entdecker Alexander von Humboldt auf den Kanarischen Inseln. Sein Ziel war Südamerika. 

Zufallsgast Alexander von Humboldt
Der Kapitän der „Pizarro“, der ihn 1799 über den Atlantik bringen sollte, gab ihm aber fünf Tage, um beim Zwischenstopp auf Teneriffa den Teide besteigen zu können. Alexander von Humboldts Weg führte dabei über das Orotava-Tal nach oben. Es sollte Südamerika und den Teide zumindest kurzzeitig in den Schatten stellen …

Der Wissenschaftler stieg dort vom Esel, soll auf die Knie gegangen sein und gesagt haben: Er habe noch nie ein so mannigfaltiges, anziehendes und durch die Verteilung von Grün und Felsmassen ein so harmonisches Landschaftsgemälde gesehen. Nachzulesen ist das auf einer Gedenktafel am Mirador de Humboldt, wo Humboldt auch mit Vergleichen zu Mexiko und Peru sowie dem Golf von Neapel und dem von Genua zitiert wird: „...aber das Orotava-Tal übertrifft sie bei Weitem durch seine Ausmaße und die Reichhaltigkeit seiner Vegetation.“

Der Platz heißt heute Humboldt-Blick, nur das Humboldt’sche „Landschaftsgemälde“ gibt es so nicht mehr, auch wenn das Valle de la Orotava noch immer fruchtbar, sattgrün und auch noch wunderschön ist. Das milde sowie deutlich feuchtere Klima als an der Küste und der Vulkanboden machen es so fruchtbar. Nur gedeihen kaum noch wilde Palmen- und Bananenstauden wie vor gut 200 Jahren.
 
Heute kultiviert der Mensch das Obst, darunter Mango und Papaya, Kartoffeln und Gemüse, aber vor allem sieht man Bananenplantagen im unteren und Rebstöcke im oberen Teil des Tales. Zu nahezu 100 Prozent wird aus den Trauben der Listan negro und Listan blanco gekeltert.

Viele Bauern leben und arbeiten im Tal, das inzwischen dicht besiedelt ist und sich weitläufig vom Atlantik bis auf etwa 2.000 Meter Höhe zieht. Nach einer Art natürlicher Pufferzone, bestehend aus Baumheide und kanarischen Kiefern, endet das üppige Grün erst an der kargen Caldera von Las Canadas: Dann bestimmen erkaltete Lavaströme und kleinere Vulkankegel das Bild.

Altstadt mit geschützten Balkonen
Es gibt zahlreiche Wandermöglichkeiten und auch -routen für das Tal. Ausgangspunkt ist meist das Kleinstädtchen und die Namengeberin La Orotava, deren hübsche Altstadt samt zahlreicher Balcones, der kanarischen Holzbalkone, jetzt komplett unter Denkmalschutz steht. Und je höher man kommt, desto weniger anderen Touristen begegnet man. 

Entdeckerreisen gibt’s nun mal nicht mehr, schon gar nicht auf Teneriffa, der Insel mit dem höchsten Berg Spaniens. Damals, 1799, fand Humboldt freilich nicht einmal einen Führer, was ihn aber nicht sonderlich verwunderte: Schließlich kenne er Bewohner in der Stadt Schaffhausen, die den Rheinfall auch noch nie aus der Nähe gesehen hätten.

Jochen Müssig