Deutschland

Nord-Ostsee-Kanal: Perfekte Zwischenlösung

Man muss nicht mal besonders viel Gas geben, um die riesigen Pötte im Nord-Ostsee-Kanal zu überholen

Zwischen den beiden deutschen Küsten kann man einen spannenden Familienurlaub verbringen

In etwa einer Stunde ist man von Rendsburg aus am endlosen Strand von St. Peter-Ording

Sehr hübsch: das Altstadtviertel Holm in Schleswig. Fotos: sl

Zugegeben, es war die Corona-Notlösung. Eigentlich wollten wir im vergangenen Sommer mit der ganzen Familie im Ferienhaus in Schweden sitzen, vom eigenen Ruderboot aus ins Wasser hüpfen, Blaubeeren suchen und (so zumindest die Idealvorstellung) den Elchen bei ihrer nächtlichen Schwimmstunde im See zuschauen. Tja.

Schweden wurde dann aus bekannten Gründen nichts, der Rest der Welt war auch tabu und die deutschen Küsten waren überfüllt. Und die Kinder? Wollten ans Meer. Unbedingt und bitte, bitte. Auf den letzten Drücker fingen wir also noch an, ein Ferienhaus in Deutschland zu suchen. Am Meer. Während der Schulferien.

Was es wurde: Nicht die Nordsee, nicht die Ostsee, sondern was dazwischen. Rendsburg am Nord-Ostsee-Kanal. Die Euphorie der Kinder hielt sich in Grenzen, denn wer bitteschön hatte schon mal Urlaub im schleswig-holsteinischen Niemandsland gemacht? Coolness-Faktor auf einer Skala von Null bis Zehn: knapp 0,5.

Unschlagbarer Vorteil
Aber, um hier schon mal das Ende des Artikels zu spoilern: Auch zwischen den beiden Meeren kann man super Urlaub machen. Mit dem unschlagbaren Vorteil, dass man ganz schnell an beiden Küsten ist, es im Hinterland wahnsinnig viel zu entdecken gibt und Touristen hier noch so herzlich begrüßt und umsorgt werden, wie man es in den Hotspots das letzte Mal vor 20 Jahren erlebt hat.

Rendsburg also. Das kleine Städtchen lebt vom Nord-Ostsee-Kanal. Wer von der einen Seite der Wasserstraße auf die andere möchte, kann entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad durch den Tunnel oder mit dem Auto über die Brücke. Noch viel spektakulärer muss es sein, mit der an der Hochbrücke hängenden Schwebefähre den Kanal zu überqueren. Die ist allerdings seit einem Unfall im Jahr 2016 außer Betrieb – soll aber wohl noch in diesem Sommer wieder Gäste befördern.

Direkt unter der Hochbrücke befindet sich die Schiffsbegrüßungsanlage. Jeder der Riesenpötte mit den Ausmaßen eines mittleren Hochhauses, die hier vorbeifahren, wird mit der entsprechenden Nationalhymne geehrt, die Heimatflagge kurz gesenkt. Das ist nicht nur für Kinder äußerst aufregend („Der kommt aus Panama!“), sondern auch für Erwachsene. Wenn man auf der Terrasse des angeschlossenen Cafés gemütlich in der Sonne sitzt, kommt nach zwei Stunden ganz schön was an Nationalhymnen zusammen.

Alles schön platt
Der Kanal selbst bietet sich für Radtouren an. Die Wege sind super in Schuss, schön platt und in regelmäßigen Abständen gibt es Fährstationen, an denen man sich mit Limo, Eis, Fischbrötchen oder Pommes eindecken kann.

Für Familien, die gerne aktiv sind, sind auch Ausflüge mit dem Kanu reizvoll. Beispielsweise vom Achterwehr am kleinen Flüsschen Eider aus hinein in den Westensee. Hier ist an Wochentagen nichts los und wer etwas Glück hat, kann im Naturschutzgebiet Seeadler, Kraniche, Uhus oder den kleinen Wachtelkönig entdecken. Badestellen gibt es außerhalb des geschützten Bereiches, manche sogar mit einem kleinen Sandstrand. Überhaupt findet man rund um Rendsburg einige Seen, in denen man prima baden kann.

Wikinger backen Brot
Kinder mit Interesse an Geschichte oder zumindest an Wikingern werden im Freilichtmuseum Haithabu bei Schleswig glücklich. Hier wurde ein altes Wikingerdorf in einer weitläufigen Anlage aufwändig rekonstruiert, das angeschlossene Museum beherbergt ein jahrhundertealtes Schiff, Waffen, Geschirr und Schmuck. Die Mitarbeiter im Wikinger-Dress führen alte Handwerkstechniken vor, backen Brot und kochen Suppe. Zum Abschluss des Tages kann man dann noch dem kleinen Städtchen Schleswig mit seinem Altstadtviertel Holm und dem schnuckeligen Hafen an der Schlei einen gemütlichen Besuch abstatten.

Wer irgendwann genug vom Radeln und Paddeln hat, ist von Rendsburg aus in 30 Minuten mit dem Auto am Ostseestrand von Eckernförde oder in etwas mehr als einer Stunde am endlosen Nordseestrand von St. Peter-Ording.

Unsere Corona-Notlösung hat sich am Ende als ziemlich perfekter Familienurlaub entpuppt, an dem nicht mal die Kinder was zu meckern hatten. Und der sich selbstverständlich auch in Nicht-Corona-Zeiten wiederholen lässt.

Susanne Layh