Griechenland

Kythira: Unbekanntes Juwel

Chora mit Festung und im Hintergrund die Bucht von Kapsali. Foto: Georgios Alexandris/iStockphoto

Die Insel bietet dem Besucher ein Griechenland wie vor vielen Jahren

Im Sommer selten so menschenleer: Uferpromenade von Kapsali. Foto: ras

Kythira? Selbst eingefleischte Griechenland-Fans schütteln den Kopf, wenn man sie fragt, ob sie schon einmal auf der Insel gewesen sind. Gehört ja, lautet ihre Antwort. Schließlich zählt das Eiland zu den großen Ionischen Inseln und zur Region Attika. Aber dagewesen? Nein. Und das, obwohl die Insel so sehenswert und ursprünglich ist – und es auch noch einige Jahre bleiben wird.

Auch wenn Kythira auf den ersten Blick vielleicht etwas karg erscheint, so ist es doch auf den zweiten Blick einfach wunderbar hier: keine Ampeln, keine Lichtverschmutzung, wenige Besucher, viele teils menschenleere Strände, tolle Restaurants, urige Ortschaften, unterschiedliche Wandermöglichkeiten, über 350 Kirchen und eine interessante Geschichte – für jedes Urlaubsvergnügen ist etwas dabei. Laut der griechischen Mythologie ist Aphrodite nicht etwa auf Zypern den Fluten entstiegen, sondern auf Kythira.

Lange Zeit herrschten die Byzantiner über die Insel, unter anderem die Franzosen, die Engländer und die Venezianer. Diese hinterließen den italienischen Ausdruck „Siempre viva“ („lebt immer“) für eine nie verwelkende gelbe Pflanze, die auf keiner Hochzeit in der Region fehlen darf. Das Pflänzchen gibt es auch in den Geschäften in den verwinkelten Gässchen von Chora im Süden zu kaufen. Über der sehenswerten Inselhauptstadt thront eine verfallene Festung. Das Postkartenmotiv komplettiert der unterhalb von Chora liegende Küstenort Kapsali: eine muschelförmige Bucht mit vielen Tavernen mit direktem Meerblick. Vor oder nach dem Essen schnell noch ein Bad im kristallklaren Meer? Kein Problem in Kapsali. Aber auch nicht in anderen Orten wie Avlemonas.

Oberhalb von Kapsali liegt mit Blick auf die verfallene Festung das Hotel El Sol, das über Attika Reisen zu buchen ist. Die im landes-typischen Stil erbaute Anlage hat 24 Zimmer, einen Pool, einen Fitness-Raum und ein kleines Restaurant. Die Orangenmarmelade macht Hotelchefin Vanessa Raikou selbst.

Den Winter über lebt Raikou in Athen, während des Sommers auf Kythira, wo sie herstammt und wo sie jeden und alles kennt. „Auf unserer Insel ist es sehr windig. Ich schaue morgens aufs Meer und kann daraus ablesen, an welchen Stränden es windstill ist“, sagt Raikou in perfektem Englisch.

Doch nicht nur Empfehlungen für Strände gibt sie ihren Gästen, auch zu den Wanderwegen hat sie viele Infos parat. Derer gibt es viele auf der Inseln, sind doch alle 64 Dörfer durch Wege verbunden, die perfekt ausgeschildert sind.

An heißen Tagen ist auf der kargen Insel der Weg von Mylopotamos zum Wasserfall Fornissa die perfekte Wahl, da er im Schatten liegt. Der Strecke führt vorbei an 23 Wassermühlen. „Drei Wassermühlen sind von Privatpersonen wieder aufgebaut worden“, erzählt Frank van Weerde. Der gebürtige Holländer lebt seit 16 Jahren auf der Insel und bietet mit seiner Firma Purgos House Wander-, Mountainbike- und Kajaktouren an.

Selbst wenn an den Juli-Wochenenden die Athener kommen – der Flug dauert rund 40 Minuten, der Check-in geht schnell – ist es an den Stränden Kythiras nicht voll. Und auch genügend Leihwagen gibt es am Flughafen.

Die zweitgrößte Besuchergruppe kommt aus Australien. Bis um die Jahrtausendwende sind viele Einwohner Kythiras nach Downunder ausgewandert. Deren Nachkommen kehren nun gern auf die Insel zurück. „Wir können hier viele Dinge machen, die wir in Australien nicht dürfen, weil unsere Eltern Angst haben, dass etwas passiert“, sagt ein australisches Grundschulkind und rennt mit seinem Freund allein von der Ferienwohnung an den Strand. „Kythira ist toll“, ruft es noch über die Schulter zurück.

Sylvia Raschke