Norwegen

Welterbe, Krimi, Seelenruhe

Wahrzeichen der Stadt: Bryggen hält die Vergangenheit Bergens am Leben

Wahrzeichen der Stadt: Bryggen hält die Vergangenheit Bergens am Leben

Die Gebäude in und um Bergen laden ein, Norwegens zweitgrößte Stadt besser kennenzulernen

Zeugnis von Wikinger-Handwerk: die mehrfach gerettete Stabkirche Fantoft

Zeugnis von Wikinger-Handwerk: die mehrfach gerettete Stabkirche Fantoft

Morgenstimmung auf dem Trollhügel: Edvard Griegs Residenz im Süden der Stadt

Morgenstimmung auf dem Trollhügel: Edvard Griegs Residenz im Süden der Stadt

Rote Hütte in Grün gebettet: In der Bucht des Grimstadfjords hat Grieg komponiert

Rote Hütte in Grün gebettet: In der Bucht des Grimstadfjords hat Grieg komponiert. Fotos: fx

Bergen-Tipp Nummer eins: wasserfeste Kleidung. Auch, wenn es auf diesen Fotos anders aussieht. Nur selten sind den rund 270.000 Einwohnern hier an der Küste trockene Tage vergönnt. Im Schnitt nieselt, schüttet oder peitscht es in Europas Regen-Hauptstadt an 248 Tagen im Jahr.

Wer sich davon abschrecken lässt, dem entgehen bedauerlicherweise: eine reizende Stadt wie aus einem Norwegen-Bilderbuch, vorzügliche Kulinarik, Unesco-Welterbe und eine ordentliche Portion Kultur und Geschichte.

Mehrere Kreuzfahrten führen etwa Gäste von Holland America Line in den Hafen von Bergen, darunter die zehntägige Route „Altnordische Legenden“ entlang der norwegischen Fjorde an Bord der Rotterdam, dem neuen Flaggschiff der Reederei, im April und Juli 2023 ab Amsterdam.

Frühes Handelsimperium

Ohne einen Stopp beim innerstädtischen Hanseareal ist ein Trip nach Bergen unvollständig.  Nicht nur, weil man dann den quirligen Fischmarkt mit seiner ungeahnten Palette an hervorragenden (fang-) frischen Produkten verpasst – so schmeckt Norwegen.

Die ikonischen Holzhäuser, die hier Giebel an Giebel dicht, hoch und schlank die Hafenkante säumen, erzählen von den Anfängen der Stadt, die sich ab dem Mittelalter zu einem bedeutenden Handelsknoten mauserte.

Brände haben den historischen Kai – Bryggen, zu Deutsch: Brücke – im Lauf der Jahrhunderte immer wieder in Asche gelegt. Immer wieder haben die Bürger die Front aus den Flammen auferstehen lassen. Der Wiederaufbau erfolgte stets nach alten, traditionellen Methoden, auch nach dem zunächst letzten Feuer 1955. Heute zählen die über 60 erhaltenen Gebäude zum Welterbe.

Kirche mit bewegter Geschichte

Ein ähnliches Schicksal, wenn auch zusätzlich sinister, ist einem Gotteshaus im nahen Umland widerfahren. Schon der Name der mit hölzernen Drachenköpfen verzierten Stabkirche, Fantoft, verspricht Mystik.

Ursprünglich hieß sie Fortun und markierte in der Zeit ihrer Erbauung im frühen 13. Jahrhundert die Übergangszeit vom heidnischen zum christlichen Norwegen. 1879 sollte sie abgerissen und zu Brennholz werden, doch ein örtlicher Politiker verhinderte den Frevel. Er kaufte die Kirche, baute sie ab und anschließend auf seinem Grundstück in Bergen Fantoft nach mittelalterlicher Bauweise – wobei kein einziger Eisennagel zum Einsatz kommt – neu auf.

Die Flammen fanden Fantoft schließlich im Juni 1992, als der Frontmann einer Metal-Band sie im Wahn anzündete. Der Feuerteufel knipste ein Foto von dem Aschehaufen und verwendete es als Cover für sein nächstes Album. Der Musiker wanderte in den Knast, die Stabkirche wurde abermals rekonstruiert – und feuerfest lackiert.

Klassik auf dem Trollhügel

So sehr man in Fantoft den zündelnden Musiker vergessen möchte, so eng bindet sich das nächste Gebäude an seinen einstigen musikalischen Residenten. Troldhaugen, der Trollhügel – so heißt das Haus, in dem Edvard Grieg, Peer-Gynt-Komponist und Sohn der Stadt Bergen, seine letzten dreißig Jahre gelebt hat.

Dieser Ort, am flachen Ufer des inneren Grimstadfjordes gelegen, ist Idyll und Muse. Die weitläufige Gartenanlage vermittelt Ruhe, überall blüht etwas. Direkt am Wasser steht, wie vielerorts in Norwegen, ein rotes Haus aus Holz. In dieser Hütte wurden Griegs Ideen auf Notenpapier zu berühmten Melodien.

Das Wohnhaus hat, zusätzlich zu dem benachbarten eigentlichen Museum, selbst Museumscharakter: Griegs Schreibtisch, sein Flügel, die Stube – alles ist unverändert vorhanden. Der Tondichter nannte sein Haus „mein bestes Werk bisher“. Griegs Werke werden regelmäßig in dem benachbarten Kammermusiksaal aufgeführt. Ob Sonne oder Regen: Auf dem Trollhügel ist Bergen vermutlich am friedlichsten.

Felix Hormel