Spanien

Auf heißen Kohlen

Um Schlag zwölf beginnt der Gang über den heißen Teppich. Fotos: Oficina de Turismo de San Pedro Manrique, ras

Spanien: In San Pedro Manrique hält sich ein ungewöhnlicher Brauch in der Johannisnacht

Stampf, stampf – nach rund zehn Schritten ist der Lauf über den heißen Kohlenteppich vorbei

Stampf, stampf – nach rund zehn Schritten ist der Lauf über den heißen Kohlenteppich vorbei

Gerade wird in vielen Gemeinden Spaniens Karneval gefeiert. Die fünfte Jahreszeit endet wie überall mit dem Aschermittwoch, allerdings wird dieser auf den Kanaren etwas skurril begangen. „Beerdigung der Sardine“ heißt ein Umzug, bei dem ein riesiger Fisch aus Pappmaché durch die Straßen getragen und hinterher verbrannt wird. Begleitet wird der Festzug von vielen Trauernden.

Doch die Beerdigung ist nicht das einzige skurrile Volksfest, das Spanien zu bieten hat. Da werden bei San Fermin im Juli Stiere durch Pamplona getrieben, in Bunol am 30. August Tomaten geworfen, und in Haro in der Weinregion La Rioja bespritzt man sich am 29. Juni mit Wein.

Ungewöhnlich ist auch der Feuerlauf, der jedes Jahr in der Johannisnacht vom 23. auf den 24. Juni in San Pedro Manrique westlich von Saragossa stattfindet. Der Paseo del Fuego wird seit vielen Jahrhunderten zelebriert, soll noch auf die Keltiberer zurückgehen und wurde nur während des spanischen Bürgerkriegs und der Corona-Pandemie ausgesetzt.

Für die Feierlichkeiten wurde eine Freiluftarena mit Platz für 3.000 Menschen konzipiert, die neben der Kirche der Schutzpatronin, der Virgen de la Pena, liegt.

In der Mitte der Arena liegt ein Stoß getrockneter Eichenstämme, die Stunden vor dem Lauf angezündet werden. Rechtzeitig werden sie zu Kohlen, ab 23.30 Uhr werden sie dann mit speziellen Stangen zu einem heißen Teppich ausgebreitet. Punkt Mitternacht wird es in der ganzen Arena still, der erste Feuerläufer mit hochgekrempelten Hosenbeinen und einer Mondida auf den Schultern wird mit drei Trompetentönen angekündigt.

Dann geht alles ganz schnell: Konzentration, stampfende Schritte, die alle Zuschauer mitzählen. Dann frenetischer Jubel in der Arena, als der Läufer auf der anderen Seite ankommt. Und Umarmungen der Familie. Geschafft!

Der Glutteppich wird geglättet, die Trompete ertönt und der nächste Feuerläufer geht los. Zwischen zehn und 30 Personen laufen über die glühenden Kohlen, seit einigen Jahren dürfen dies auch Frauen. Wichtig: Jeder Läufer muss mindestens 14 Jahre alt und im Ort geboren sein, selbst Zugezogenen wird das Recht verwehrt.

Die Feuerläufer werden von der Festverwaltung ausgewählt und bekommen ein Training, mit dem vermieden werden soll, dass man sich die Füße verbrennt. Der Stampfschritt, Knie hoch und fest auftreten, hat sich am besten bewährt, die 2,50 Meter lange Strecke zu überwinden.

Einfacher wird es auch, wenn man schwerer ist. Die ersten drei Läufer tragen daher eine Mondida. So werden die drei weiß gekleideten Damen genannt, die das Festkomitee ausgewählt hat. Um sie ranken sich genauso viele Mythen wie um die Entstehung des Feuerlaufs selbst.

Die Johannisnacht legt nahe, dass die Menschen um eine gute Ernte bitten wollen. Und es heißt, dass man vor vielen Jahrhunderten mit den Frauen einen Tribut an die im Land herrschenden Araber gezahlt hat.

Was die Feuerläufer wollen, ist klar. Sie hoffen, dass ihre Wünsche in Erfüllung gehen, wenn sie den glühenden Teppich überwinden. Manchmal bitten sie auch um Gesundheit für ein Familienmitglied – und tragen dies dann gleich auf ihren Schultern. Schwere Unfälle gab es bisher zum Glück sehr selten.

Und nach dem Feuerlauf feiert der ganze Ort gemeinsam weiter. Restaurants und Bars sind geöffnet, von einer Bühne schallt Livemusik.

Sylvia Raschke
Anzeige